Bei Sonnenuntergang war noch alles in Ordnung

Bei Sonnenuntergang war noch alles in Ordnung

Sonntag, 07. November 2021, bis
Mittwoch, 10. November 2021

Der Wind kommt in der Nacht genau von hinten. Deshalb rollen wir nur das große Vorsegel aus. Wie eine Wetterfahne auf dem Kirchturm wird so das Boot in die richtige Richtung gezogen, geleitet vom am Heck montierten Ruderblatt. Soweit die Theorie.

Es hatte einen Sturm gegeben in der Straße von Gibraltar und irgendwo zwischen den Azoren und der Biskaya. Die daher rührenden Wellen reichen weit über den Ozean, auch noch dann, wenn der Sturm längst abgeklungen ist. Wir haben also eine langgestreckte Dünung aus Nordwest und ein kurze, spitze aus Ostsüdost. Genau dazwischen der nicht allzu starke Rückenwind aus Nordnordost. Diese Gemengelage erzeugt ein völlig unberechenbares, chaotisches Wellenbild. Wir werden hin- und hergeworfen, der Mast pendelt wie der Zeiger eines Metronoms (Taktgeber für Musiker, nicht die norddeutsche Zuglinie) von einer Seite auf die andere und wieder zurück.

Durch diese extreme Schaukelei fliegt im Schiff alles, wirklich alles zu Boden, was nicht in Schrankfächern verriegelt ist. Das Chaos der Wellen draußen erzeugt heilloses Chaos drinnen. Wenn das jetzt bis Weihnachten genau so weitergeht, na dann Prost Mahlzeit, das halte ich nicht durch. Dann ist wohl auf den Kanaren die Reise zuende.

Am Vormittag ist der Spuk vorbei

Am Vormittag ist der Spuk vorbei

Im Morgengrauen unternehme ich einen Versuch, etwas aufzuräumen. Ein Fehler. Erstens ist es zu früh dafür, denn das Schiff schaukelt ja immer noch, es fliegt also wieder runter. Zweitens bin ich nach wenigen Minuten hoffnungslos seekrank. Ich eile nach draußen ins Cockpit, setze mich und blicke auf den Horizont, was mir meist hilft. Es ruckt im Magen mehrfach. Schließlich gebe ich nach und füttere Fische. Soviel sei jetzt schon verraten, es wird das einzige Mal bleiben bis in die Karibik.

Was kann man tun, um die Schaukelei in den Griff zu bekommen? Wenn man motort, setzt man gern das Großsegel mittschiffs als Mittel gegen das Rollen. Probieren wir aus. Tatsächlich, das Schiff liegt viel ruhiger, das seitliche Geschaukel wird auf ein eingermaßen erträgliches Maß reduziert.

Im Laufe des Vormittags ist ohnehin der Spuk vorbei, das Wellenbild normalisiert sich. Das Wasser wird sogar so glatt, dass wir draußen im Cockpit frühstücken können.

Blick in unser Kühlfach

Blick in unser Kühlfach

Im Rest der Überfahrt nach Lanzarote bleiben die Wetterbedingungen entspannt, das Schiff fährt schnurgerade unter Steuerung der Hydrovane, also der Windsteueranlage, ohne dass wir viel eingreifen müssen. Jetzt sage ich mir: Wenn das bis zur Karibik so bleibt, ist das ein easy job. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Mich erstaunt, wie wenig Tiere wir zu Gesicht bekommen. Hatten wir vor der Bretagne und vor Nordspanien und Portugal oft Besuch von Delfinen und viele Vögel am Himmel, lässt sich hier niemand sehen. Doch halt: Ein Piepmatz kommt irgendwo im Dreieck zwischen Portugal, Marokko und Lanzarote angeflogen, setzt sich an Bord und ruht sich aus. Kackt auf die Sprayhood und aufs Deck. Brauchtest du etwa nur eine Pause, um deine Notdurft zu verrichten? Andere Vögel machen das im Flug.

Was allerdings unterhalb der Wasseroberfläche noch so an Getier herumschwimmt, entzieht sich unserer Wahrnehmung. Weil Merle keinen Fisch mag und ich keinen Fisch nach dem Angeln töten mag, haben wir gar nicht erst Fanggerät an Bord. So bietet die Speisekarte nur das, was wir zuvor im Schweiße unseres Angesichts an Bord geschleppt haben.

Solveig hatte eine Erkältung, als sie an Bord war. Offenbar hat sie mich angesteckt. Ich huste wie ein Kettenraucher, mir ist hundeelend. Merle unkt: "Ist das vielleicht Corona?" Ich winke ab. Merle macht bei sich einen Schnelltest: negativ. Sag ich doch!

Gefiederter Gast

Gefiederter Gast für ein paar Minuten

Warum eigentlich nach Lanzarote und nicht erst Madeira? Letztere Insel liegt doch näher an Portugal! Ja und nein. Wenn man von Lissabon aus aufbricht, stimmt das. Aber wir waren ja zuletzt in Portimao. Von dort ist es nur einen halben Tag länger nach Lanzarote. Außerdem ist auf La Palma der Vulkan ausgebrochen und spuckt Aschewolken in die Luft, die sich als schmieriger Glitsch auf dem Deck niederschlagen. Die aktuelle Windrichtung bläst den Auswurf zwar auf den Atlantik hinaus. Das kann sich aber in vier Tagen auch ändern. Außerdem: Alle Boote, die schon in Portugal die Häfen zum Platzen gebracht haben, verlagern sich jetzt nach Madeira, was wiederum dort für einen vollen Hafen und volle Ankerplätze sorgt. Später erfahren wir von "Civetta", die zunächst Kurs auf Madeira genommen hatte, dass sie genau aus diesem Grund Richtung Lanzarote abgebogen sind.

Sonnen auf dem Vordeck

Endlich wieder sonnen auf dem Vordeck

Weil das Wetter zum Mittwoch hin richtig schön wird, ist einerseits seglerisch nicht viel zu tun und andererseits ein Sonnenbad auf dem Vordeck möglich. Allerdings leidet die Geschwindigkeit, wir machen nur noch wenig über drei Knoten Fahrt, das ist schnelles Fußgängertempo. 

Land in Sicht: Lanzarote

Land in Sicht: Lanzarote

Donnerstag, 11. November 2021

Als es morgens hell wird, sieht man unter bedecktem Himmel eine besonders dunkle Wolke am Horizont. Bei der weiteren Annäherung wird klar, das ist keine Wolke, das ist Land! Laaaand! In viereinhalb Tagen haben wir die Strecke Portimao -> Lanzarote bewältigt. Dabei kam der Wind mehr oder weniger die ganze Zeit von hinten. Erster Test für die Passatroute: Haken dran!

Puerto Calero

Mole von Puerto Calero

Wir senden eine E-Mail an den Yachthafen Arrecife mit der Bitte um Reservierung eines Liegeplatzes für heute Abend. Die Bewertungen in der Hafen- und Buchten-App "Navily" machen allerdings vorsichtig. Von Abzocke und unlauteren Machenschaften ist da die Rede. Als wir bis zum Eintreffen vor der Stadt immer noch keine Antwort erhalten haben, planen wir um auf Puerto Calero. In diesem Hafen war ich schon einmal vor etwa 30 Jahren. Damals lag er "right in the middle of nowhere". Drum herum war eine Ferienhausanlage in Planung bzw. im Baubeginn begriffen. Wie es heute wohl dort aussieht?

Angekommen in Puerto Calero

Selfie nach Ankunft in Puerto Calero

Den ganzen Tag über haben wir von der Nordspitze der Insel bis Puerto Calero einen Sparringspartner gehabt. Ein andere Yacht segelte dichter unter Land platt vor dem Laken, während wir raumschots vor dem Wind gekreuzt sind. Bei der Welle und in Ermangelung eines Spinaker-Baums zum Ausstellen des Vorsegels ziehen wir den Raumschotskurs vor, weil man beim Steuern nicht so höllisch aufpassen muss, dass man keine Patenthalse baut. Patenthalse nennt man ein unbeabsichtigtes Herüberschlagen des Großsegels mit dem zig Kilo schweren Großbaum darunter auf die andere Bootsseite. Wie eine Sense haut der Baum alles weg, was im Wege ist, gern auch mal einen Kopf. Kommt bei uns nicht vor, nicht etwa in Ermangelung solcher, sondern weil über unseren Köpfen erst das Bimini-Verdeck kommt und darüber dann der Baum. Keine Gefahr also, solange man im Cockpit weilt. Turnt man aber gerade auf dem Vorschiff herum, ist ein herumschlagender Baum eine tödliche Gefahr. 

Wo war ich abgeschweift? Ach ja, der Sparringspartner. Die Theorie sagt, dass der Raumschotskurs (Wind von schräg hinten) schneller ist als platt vor dem Laken, also Wind genau von hinten. Denn das Profil des Segels wirkt wie ein Flugzeugflügel, nur senkrecht. Platt vor dem Laken kann das Segel aber dem Wind nur Widerstand geben, gänzlich ohne Profilwirkung. 

Die Praxis sollte nun zeigen, dass wir mit unserem Sparringspartner mindestens gleichauf bleiben, wenn wir ihn nicht sogar abhängen. Mehrmals am Tag kreuzen sich unsere Kurse, mal sind wir vorn, mal die anderen. Zum Ende hin allerdings liegen wir leider immer mehr hinten. Dann kommt der Schlussspurt. Beide Schiffe laufen Puerto Calero an. Auf der letzten Meile ziehen wir in auffrischendem Wind davon. Wir haben gerade festgemacht und die Formalitäten erledigt, als das andere Schiff einläuft. Als ich helfe beim Leinen annehmen, sagt der Skipper: "Ach ihr wart das, die uns überholt haben! Good job!"

Goldener Poller

Goldener Poller

Freitag, 12. November 2021

Puerto Calero hat sich zu einem Nobelhafen herausgemacht. Es gibt ein Restaurant neben dem anderen, in der zweiten Reihe Shops mit den großen Modemarken. Biegt man um die Ecke zu den Duschen, stellt man allerdings fest, dass die schon bessere Zeiten gesehen haben.

Draußen auf der Pier glänzt eine ganze Reihe goldener oder vergoldeter Poller in der Sonne. "Dafür hammse Geld!", geht es mir durch den Kopf. Draußen hui, Duschen pfui.

Kleines Vorsegel mit gerissenem Gurtband

Gerissenes Gurtband am kleinen Vorsegel

Im Hafen gibt es einen gut ausgestatteten Werftbetrieb. Ich frage nach einem Segelmacher, denn das kleine Vorsegel, das in der Biskaya von oben kam, hätte ich gern als Reserve repariert an Bord. Die Bürodame reicht mir eine Telefonnummer. Selbst haben sie keinen Segelmacher, aber der hier sei der ihres Vertrauens. Ein Anruf ergibt, dass der gute Mann im Stress ist und vor Montag oder Dienstag nicht mit der Arbeit am Segel beginnen kann. Da wollen wir aber schon weiter sein. Also wieder keine Glück, schon wieder mal Freitag genau wie in Lissabon.

Weil wir zunächst nur für eine Nacht eingecheckt hatten, wies uns der Dienst habende Abend-Marinero gestern Abend einen Liegeplatz gleich am Hafeneingang an. Da wir aber doch etwas länger bleiben, gibt uns der Hafenmeister einen Liegeplatz ganz hinten im Hafen. Der ist so eng, dass wir das Nachbarschiff zur Seite schieben, auf der anderen Seite am Steg anliegen und trotzdem nicht bis ganz hinein passen, weil wir fest stecken. Gequetscht, aber geht.

Wir sehen uns die Läden im Hafen an. Klamotten, Andenken, Sonnencreme, Lederprodukte, Bio-Drogerie mit Aloe Vera, Autovermietung und: ein kleiner Supermarkt. Streiche Super, setze Mini. Alles, was man woanders vergessen hat einzukaufen, gibt es hier. Alkohol, Zigaretten, Chips, Kekse... Wir nehmen nur ein bisschen Obst und Gemüse mit, denn andere Lebensmittel haben wir ja schon in Lissabon und Lagos gebunkert. Das Preisniveau ist hier auch eher gehoben.

Was gibt es noch um den Yachthafen herum? Ferienhäuser, Hotels, und sonst - nichts, nada, niente, rien, nitschewo. Google Maps zeigt keinen Laden außer einem Mountain-Bike-Verleih, der aber ohnehin geschlossen ist.

Wanderung nach Puerto del Carmen

Am Nachmittag brauchen wir nach so vielen Tagen auf See Bewegung. Wenn es in Puerto Calero nichts interessantes gibt, dan schauen wir mal in den Nachbarort Puerto del Carmen. Die Infos im Netz sprechen von einer Tourismus-Hochburg. Das sehen wir uns mal an.

Puerto Calero in der Abendsonne

Im Nachmittagslicht liegt Puerto Calero und die Küste sehr malerisch da. Der Wanderweg ist ungefähr vier Kilometer lang und führt immer an der steilen Lavafelsküste entlang. Schön angelegt ist er, von einer Tourismusorganisation. Es sind noch mehrere andere Wanderwege ausgewiesen, wir folgen aber nur diesem einen. 

Puerto del Carmen

Der Abstieg von der Steilküste nach Puerto del Carmen ist als Serpentinenstrecke für Fußgänger gebaut. Man läuft also im Zickzack. Der Ort bietet an der Wasserfront Bars und Restaurants. Da, wo Bier ausgeschenkt wird, halten sich vorwiegend Briten in Rotweißoptik auf (rot von Sonnenbrand, weiß, wo keine Sonne hinkam). Es gibt aber auch recht geschmackvoll eingerichtete Restaurants.

Erfrischung vor dem Rückweg

Vor dem Rückweg nehmen wir auf einer eher abseits, etwas höher gelegenen Restaurantterrasse eine Erfrischung zu uns. Schöner Ausblick.

Indisches Restaurant in Puerto Calero

Als wir zurück sind, gehen wir zum Autovermietungsbüro. Ein Mann sitzt hinterm Schreibtisch und sagt: "Ich habe kein Auto für Sie, nicht heute, nicht morgen, die ganze Woche nicht." Hä? Alles ausgebucht? Unglaublich. Auf den Schreck gönnen wir uns wenigstens ein leckeres Abendessen im Indischen Restaurant. 

Stützmauern in Puerto Calero

Neben dem Hafen: Stützmauern aus Lavagestein, außen ganz glatt und gerade, die Steine aber sehr unterschiedlich groß: Die können sowas hier.

Samstag, 13. November 2021

Wie und wo können wir uns verproviantieren für die Atlantiküberquerung? Für drei bis vier Wochen brauchen wir Lebensmittel, und was wir nicht an Bord geschleppt haben, können wir nicht essen.

Angesichts der Tatsache, dass wir allerdings ohne Auto hier nicht viel anstellen können, vergammeln wir den Tag, stehen spät auf, frühstücken ausgedehnt und machen Pläne. 

Wir fragen per E-Mail in der Marina Rubicon im Süden der Insel nach einem Liegeplatz - keine Antwort, das kennen wir ja schon.

Pizza selbst gemacht

Pizza selbst gemacht

Wir haben im Kühlfach Pizzateig zum Ausrollen. Wir probieren unser Mikrowelle/Backofen/Grill-Kombinationsgerät aus, indem wir kleine Silikonpfännchen mit Teig füllen, Belag obendrauf und ab in den Ofen. Mit Strom aus der Steckdose am Steg kein Problem. Die erste Ladung: nur Backofen, zwei Lagen übereinander auf dem Glasteller und auf dem höher stehenden Grillrost. Ergebnis: Obere Etage geht, untere ist nicht richtig durchgebacken. Zweiter Versuch: Nur eine Lage, und Mikrowelle anteilig dazu. Viiieeel besser. Allerdings sind die so nacheinander zubereiteten Stücke klein. Man isst sich hungrig, immer so mit zehn Minuten Abstand jeweils ein Stückchen, dann auch noch zu zweit. Aber wir haben ja Zeit.

Sonntag, 14. November 2021

Der Tag fängt an, wie der letzte aufgehört hat. Gegen Mittag ruft Solveig an, bei ihr habe eine Marina XY angerufen und wollte den Käptn sprechen. Sie habe nur Bahnhof verstanden oder so.

Mir wird klar: Im Adressfeld unter der E-Mail steht standardmäßig die Festnetznummer in Burgwedel und meine Handynummer. Die Marina Rubicon hat vermutlich die erstbeste Telefonnummer aus der E-Mail angerufen, das war die Festnetznummer.

Wir rufen also die Marina zurück. Sie haben ab heute Nachmittag einen Liegeplatz für uns, ob wir den haben wollen? Aber sicher doch! Eilig machen wir uns startklar. Wir quetschen uns aus dem engen Liegeplatz heraus. Die Boxengasse ist ebenfalls sehr eng, und bei Seitenwind mit dem Langkieler zwei enge 90-Grad-Kurven hinlegen, ohne anzuecken, ist etwas knifflig. So komme ich mühsam mit einem Meter Abstand an einem deutschen Katamaran gerade so vorbei. Der Eigner ist an Bord und ruft mir zu: "Etwas mehr Abstand wäre gut!" Ja, weiß ich doch selbst.


Playa Papagayo

Kap an der Südostecke von Lanzarote

An der Südostecke von Lanzarote gibt es eine ausgedehnte Bucht mit Sandstrand. Die Ecke selbst besteht aus einem schroffen Felsen, mit entsprechend tückischen Steinen unter Wasser davor. Genau dort schwächelt der Wind, die Strömung um die Ecke tut ein übrigens dazu, dass wir stehen bleiben, im Regatta-Jargon "einparken". Als geduldiger Flautensegler versuche ich, unter Segeln um die Ecke zu navigieren. Nix zu machen, Maschine an, sonst kommen wir zu spät in die Marina. Die kann man von der Ecke aus schon sehen.

Marina Rubicon am Abend

Dort angekommen sagt mir die junge Dame in der Rezeption: "Ihr Schiff ist fünzehneinhalb Meter lang, sagen mir die Marineros." "NO WAY", sage ich. Ich möge bitte rausgehen und das mit den Jungs dort klären. Tatsächlich knien die Beiden auf dem Steg neben Joli Ame und spannen ein Maßband von der Spitze des vorn eingehängten Ankers bis zum Ende der Windfahne. Na klar, so kommen vielleicht fünfzehneinhalb Meter zustande, statt der 13,95 Meter über alles laut Schiffspapieren. Ich gehe schnell an Bord und baue flugs die Windfahne ab. Okay, sagt der Marinero, unter 15 Meter. Da liegt wohl eine Preisgrenze. Im Internet lesen wir, dass ein anderes Schiff glatt vier Meter länger gemessen wurde als in den Schiffsdokumenten, weil der Bugspriet mitgemessen wurde. Auf Ideen kommen Marinamanager, um Geld zu machen!

Wir bekommen einen Liegeplatz an der Stirnseite eines Steges, leicht an- und abzulegen, die Marineros im Schlauchboot helfen zusätzlich.

Noch am Abend spähen wir den im Hafen befindlichen Supermarkt aus. Es ist ein "HiperDino Express", wobei Express für kleiner und nur mit dem notwendigsten Angebot ausgestattet bedeutet. Effektiv kaufen wir nur ein paar Kleinigkeiten dort, das Sortiment sagt uns für den großen Provianteinkauf nicht zu.

Ship Shop in Marina Rubicon

Ship Shop in Marina Rubicon

Montag, 15. November 2021

Es gibt in der Marina einen Ship Shop, also einen Laden mit allem, was man an Bord eines Bootes braucht. Wenn ein Skipper in so etwas hinein geht, kann das dauern. Deshalb marschiere ich allein los, um fast das ganze Hafenbecken herum.

Wir brauchen Netze, die man unter die Decke des Salons hängt, um darin Obst und Gemüse luftig und trocken zu lagern, ohne dass Druckstellen entstehen. Ich frage außerdem nach einer Gastlandflagge für die Kapverdischen Inseln, aber die sind hoffnungslos ausverkauft. Einen Segelmacher gibt es gleich um die Ecke auf dem Werftgelände, teilt mir der Verkäufer mit.

Den finde ich nach Nachfrage bei einer Frau im Büro am Werfteingang. Dort angekommen zeige ich ihm ein Foto des ausgerissenen Gurtbandes am Kopf des kleinen Vorsegels und frage, ob er für die Reparatur heute Zeit hat. Er habe am Montag immer eine Reservezeit für Notfälle eingeplant, und das hier sei doch einer, oder? Aber sicher! Überglücklich starte ich sofort durch, um das Segel zu holen. Eine Viertelstunde später liegt es beim Segelmacher. So um halb vier sei er fertig, versichert er, wenn früher, ruft er an.

Obst und Gemüse im SuperDino Papagayo

Obst und Gemüse im SuperDino Papagayo

Nächster Programmpunkt: Proviant einkaufen. Wir statten uns mit Rucksack, diversen Taschen und einem der Rollkoffer aus. Laut Google Maps gibt es einen Supermarkt östlich in ca. 1,5 Kilometer Entfernung. Nach zwanzig Minuten recht schönem Fußweg entlang der Uferpromenade über der Steilküste erreichen wir den Laden. Auch hier ist "Super"-Markt etwas übertrieben. Die Verkaufsfläche ist nicht viel größer als im "Express" von gestern Abend. Aber das Sortiment und die Preise gefallen uns viel besser. Wir füllen einen Einkaufswagen randvoll. Kriegen wir das alles weggeschleppt??? Die schweren Dinge wie Flaschen Olivenöl und Tetrapacks mit Mandelmilch kommen in den Rollkoffer, weitere Schwergewichte in den Rucksack mit Beckengurt, der Rest wandert in die Hängetaschen. Es passt gerade so. Und nun: den zwanzigminütigen Fußmarsch wieder zurück, diesmal mit schwerem Gepäck. Schweißgebadet kommen wir am Schiff an und sind geplättet.

Marina Rubicon

Marina Rubicon, Platz vor der Rezeption

Inzwischen ist es halb vier, Zeit, um den Segelmacher aufzusuchen. Der ist längst fertig. Er habe auch schon angerufen und auf die Mailbox gesprochen. Ups, das habe ich unter der Last der Einkäufe überhaupt nicht mitbekommen. Er zeigt mir sein Werk. Sieht prima aus, lobe ich. Er brennt noch ein paar überstehende Fäden mit dem Feuerzeug weg. Bezahlung geht nur Cash - kein Problem.

Wir hatten bisher sehr unterschiedliche Auffassungen der Yachthäfen erlebt, bis zu welcher Uhrzeit man ausgecheckt haben sollte. Ich mache mir Sorgen, dass die hier das sehr genau nehmen, nach der Erfahrung mit dem Maßband. Und richtig: Als ich nach dem schweißtreibenden Lebensmitteltransport und dem ebenso erhitzenden Verstauen des Segels in der Backskiste von einer schnellen Dusche zurückkomme, wartet ein Marinero am Boot: "Ist das Ihr Boot?" Ich solle ihn sofort zur Rezeption begleiten. Er fährt mich mit dem Schlauchboot rüber, das geht ruckzuck. In der Rezeption angekommen, erkläre ich, dass der Segelmacher nicht früher fertig war und zahle eine weitere Nacht. Zurück muss ich allerdings laufen, einmal um den Hafen herum dauert das eine Viertelstunde.

Argentinisches Restaurant "Buenos Aires"

Argentinisches Restaurant "Buenos Aires"

Auf die Anstrengungen dieses Tages gönnen wir uns ein Restaurantessen. Etwas versteckt liegt ein argentinisches Restaurant mit hervorragenden Steaks, wie die Bewertungen berichten. Au ja, darauf haben wir Appetit! Leider ist der Laden nur sehr klein. Die Bedienung bedauert überaus freundlich, sie habe keinen Platz für uns, wie schade. Das duftet so gut!

Lanny's Restaurant

Lanny's Restaurant

Wiederum auf der anderen Seite des Hafens gibt es einen Mexikaner. Oder sagen wir ein kanarisches Restaurant mit mexikanischen Gerichten. Der Chefeinweiser gibt uns einen Platz, die Bestellung nimmt ein Kellner entgegen, dass Essen bringt ein dritter. Straff durchorganisiert, der Laden, aber bei der Größe wohl unvermeidbar. Und er brummt! Nach uns kommen noch viele Gäste.

Als wir unsere Fajitas auf dem Tisch haben, fällt mir auf, dass die Musik für ein Restaurant etwas laut ist. Außerdem stutze ich, dass die Songs immer von derselben Stimme gesungen werden. Weil ich mit dem Rücken dazu sitze, merke ich erst jetzt: Da singt einer live zu Playback-Musik! Und der kann das! Fantastisch moduliert der Bursche Hits, die mir in seiner Fassung sehr gut gefallen. Spitze, der Mann! Pappsatt und gut unterhalten lassen wir den Tag mit dem langen Rückweg um das Hafenbecken ausklingen.

Spar in Playa Blanca

Spar in Playa Blanca

Dienstag, 16. November 2021

Weil der Einkauf gestern zwar umfangreich, aber bei weitem noch nicht genug war, machen wir uns heute auf den Weg nach Westen. Dort gibt es einen weiteren Supermarkt, diesmal einen "SPAR". Wir nehmen die gleiche bewährte Ausstattung an Transportmitteln wie gestern mit. Es geht wiederum an der Uferpromenade entlang, die Strecke bis Playa Blanca ist gar ein wenig weiter als gestern.

Dort angekommen, stellen wir fest: Größer ist der Laden auch nicht. Aber wir bekommen dort Sachen, die der Shop gestern nicht im Angebot hatte. Also gute Ergänzung. Wieder haben wir einen Einkaufswagen übervoll bepackt. Heute passt alles nur äußerst knapp in die Taschen und den Koffer, aber: es passt! Und nun wieder zwei Packesel auf dem Rückweg, eine knappe halbe Stunde lang. Aber Beeilung, bis Mittag müssen wir den Hafen verlassen haben. Noch eine Nacht werfe ich dieser geldgeilen Marina nicht in den Rachen!

Bucht zur Landung mit dem Schlauchboot

Bucht zur Landung mit dem Schlauchboot

Pünktlich kurz nach eins werfen wir die Maschine an, legen ab und nehmen erleichtert Kurs Südsüdost auf Fuerteventura zu. Während der Überfahrt berichtet Merle von einer Naturschutzinsel im Norden. Man müsse sich anmelden, per E-Mail, damit nicht zu viele Menschen gleichzeitig die Insel heimsuchen. Kurz entschlossen fragen wir an, und Bingo: Wir dürfen. Allerdings ist schon Nachmittag, also Beeilung!

Der Ankerplatz ist bereits gut gefüllt. Ein erster Versuch mit dem "Schlammhaken" endet zu dicht an einem Katamaran neben uns. Das geht so nicht, meint auch dessen Skipper gestikulierend. Wir parken noch einmal um, allerdings in Sorge um die Nähe zum benachbarten Riff, an dem sich die Wellen rauschend brechen. Schlauchboot runter, Motor dran und los, denn es ist schon später Nachmittag, und laut Regeln müssen Besucher die Insel bis 18 Uhr verlassen haben.

Die vulkanischen Felsen machen das Anlanden nicht einfach. Wir umfahren eine Mole, an der gerade viele Touristen von den Ausflugsmotorbooten abgeholt werden, und finden eine Einfahrt zu einer kleinen Bucht. Das Wasser ist sehr seicht, wir müssen ein paar Steine umkurven. Schließlich ziehen wir das Dinghi auf einen kleinen Strand hinauf, ziehen die Schuhe an und machen uns auf einen Rundwanderweg. Zuerst kommen wir an einer Handvoll Fischerhäusern vorbei.

Wo ist der kleine Drache Nepomuk?

Wo ist der kleine Drache Nepomuk?

Die Insel sieht dann aber aus wie die, auf der Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, dem kleinen Drachen Nepomuk begegnen. Der wohnt in einem kleinen Vulkan und muss immer dafür sorgen, dass der ordentlich raucht. Die kleinen Vulkankegel hier rauchen zwar nicht, ansonsten stimmt das Bild aber recht gut. Zwischen den kargen Hügeln wachsen nur wenige Pflanzenarten, die so spezialisiert ist, dass es sie nirgendwo anders gibt, belehrt ein Schild. Eine Lagune soll Rastplatz für tausende Zugvögel sein. Wir sehen keinen einzigen, völlig ruhig liegt die Wasserfläche da. Ist wohl gerade keine Reisesaison.

Wanderweg auf der Isla Lobos

Wir hasten über Sand und Schotter zwischen den Hügeln dahin, denn bald geht die Sonne unter. Wir treffen nur zwei junge Frauen und später zwei ebenso junge Männer, sind ansonsten ganz allein.

Getarntes Haus

Doch halt, kurz vor Ende des Rundweges entdecken wir noch ein Haus, das aus dem gleichen Gestein gebaut ist wie die Umgebung und deshalb gut getarnt. Dort gießt ein Mann die Pflanzen im kargen Garten. Woher der das Wasser wohl nimmt?

Wir rudern aus der Bucht heraus

Wir rudern aus der Bucht heraus

Am Schlauchboot angekommen stellen wir fest, dass inzwischen Niedrigwasser eingetreten ist. Wir müssen also in der Bucht waten und zu Fuß das Dinghi schieben, damit wir über die vielen Steine in genügend tiefes Wasser kommen. Wir lassen den Motor oben und pullen mit den Riemen, was sich als recht unhandlich erweist. Erst am Ausgang der Bucht senken wir den Elektroquirl ab und motoren "nach Hause". An Bord genießen wir die Ruhe dieses irgendwie magisch wirkenden Ortes und den Sonnenuntergang.

Am Abend erfahre ich in einem Telefonat mit meinem Bruder, dass meine Mutter wenige Tage nach ihrem 89. Geburtstag verstorben ist. Einerseits muss man bei dem Alter damit rechnen, trotzdem ist es tragisch. Bloß gut, dass ich mich vor der Abreise ausführlich von ihr verabschiedet habe.

Mittwoch, 17. November 2021

Nach ruhiger Nacht - trotz der Nähe zum Riff - und gutem Frühstück machen wir uns auf den Weg an Fuerteventura entlang. Ich frage das Ensemble Ackerpella, ob sie willens und trotz Corona in der Lage wären, bei der Trauerfeier meiner Mutter zwei Lieder zu singen, die mir am Herzen liegen. Ja, es käme eine singfähige Besetzung zustande. Aber nein, meine Schwester teilt mir mit, dass wegen der Infektionsgefahr Gesang in der Friedhofskapelle verboten ist. Wie schade!

Fuerteventura

Gran Tarajal, Fuerteventura

Die Insel bietet nur wenige Buchten und Häfen. Die vulkanische Küste ist karg und nur dünn besiedelt. Wir segeln gegen Mittag am Flughafen vorbei, biegen am späten Nachmittag um die Südostecke und laufen kurz vor Einbruch der Dunkelheit in Gran Tarajal im Hafen ein. Auf einem der Stege winkt uns ein Mann mit Motoradhelm und einer Art Arbeitsanzug/Uniformoverall zu. Er ist offenbar kein Mensch, der sich mit dem Einparken von Booten auskennt. Er bietet uns mehrere verschiedene Liegeplätze an, die aber bei dem vorherrschenden Wind nur schlecht anzufahren sind. Weil der eine auf der anderen Hafenseite liegt, fährt er mit seinem Motorrad einmal außenrum, um unsere Leinen anzunehmen. Weil der Seitenwind aber zu stark zum Anlegen dort ist, entscheide ich mich für die Stirnseite eines Steges auf der anderen Hafenseite. Also steigt er wieder auf sein Motorrad, um erneut den Hafen zu umrunden. Ein älterer Norweger von einem Nachbarboot dort nimmt unsere Leinen entgegen. Wenn Merle mit Leinen in der Hand auf dem Vorschiff steht, sieht sie mit etwas Abstand aus wie ein Kind oder Teenager. Da helfen gern mal Menschen auf dem Steg.

Der Mann mit dem Helm erklärt, er sei nicht der Hafenmeister, sondern "nur" der Security-Mann für die Nacht. Trotzdem nimmt er meine Anmeldung auf und kassiert die Hafengebühr. Weil ich wegen eines eventuellen Heimfluges frage, wie man am besten den Flughafen erreicht, erklärt er es mir recht ausführlich. Er fragt, ob ich sein Spanisch verstehe, ich nicke wohl nicht so ganz überzeugend, daher gibt er sich selbst die Antwort: "Mas o menos", mehr oder weniger. Ich bedanke mich für seine freundliche Hilfe.

Gran Tarajal

Nur wo Gran Tarajal draufsteht, ist Gran Tarajal drin

Donnerstag, 18. November 2021

Um meine Geschwister bei den Formalitäten zum Tode unserer Mutter zu unterstützen, übernehme ich Aufgaben, die auch aus der Ferne erledigt werden können. Dazu brauche ich aber ein funktionierendes WLAN. Meine App hilft mir, ein frei zugängliches vor einer Bankfiliale zu finden. Ich mache mich also schon früh vor dem Frühstück auf in die Stadt. Ich telefoniere mit dem Standesamt in Hannover wegen der Sterbeurkunde meines Vaters, recherchiere die Zugangsberechtigung zu den Bankkonten der Verstorbenen und telefoniere mit der Sparkasse in meinem Heimatort.

Strandpromenade von Gran Tarajal

Strandpromenade von Gran Tarajal

Danach mache ich mich auf den Rückweg zum Hafen und frühstücke mit Merle. Gemeinsam gehen wir dann noch einmal in den Ort, eine gemütliche Kleinstadt. Solveig sagt mir später, dass Gran Tarajal immerhin der zweitgrößte Ort auf Fuerteventura ist.

Riesige Wand-Graffities

Riesige Wand-Graffities vom Künstler

Für die Dauerbaustelle wackelnde Masthalterung des Windgenerators versuche ich, im Geschäft Edelstahlschrauben oder eine solche Schelle zu bekommen. Der Mann hinter dem Tresen geht suchen, kommt aber kopfschüttelnd wieder: Normales Material ja, in Edelstahl V4A hat er die Schrauben nicht. Bei "Hermanos XXX" = Gebrüder XXX (den Namen habe ich vergessen) solle ich es versuchen. Er zeigt nach rechts. Weil wir aber erst in den Ort wollen, gehen wir in die andere Richtung. Als wir von dort zurückkommen, hat Hermanos XXX Mittagspause. Also gibt's keine Edelstahlschrauben.

Strand von Gran Tarajal

Strand von Gran Tarajal mit etwas rustikalem Charme

Zurück im Hafen versuche ich beim richtigen Hafenmeister herauszubekommen, was es kostet, das Boot eine Woche dort zu lassen, um zur Beerdigung meiner Mutter nach Hause zu fliegen. Weil ich noch nicht weiß, wann das sein wird, ist dem Hafenmeister das alles zu ungenau. Er könne mir nicht versprechen, dass er dann einen Liegeplatz frei hat. Außerdem müsste ich mir jemanden als Ansprechpartner besorgen bzw. per Formular benennen, der auf das Boot aufpasst. Auch mir ist das alles zu umständlich. Mal sehen, was sich noch für Möglichkeiten eröffnen.

Noch mehr Wandmalereien vom Feinsten

Noch mehr Wandmalereien vom Feinsten

Ich versuche mich an einer neuerlichen Hilfskonstruktion für die Stabilisierung des Windgeneratormastes, telefoniere mit meinen Geschwistern über das weitere Prozedere zum Tode unserer Mutter und zack, ist der Tag wieder rum. Vieles ist in der Schwebe, wenig geklärt. Morgen sehen wir vielleicht klarer.

Sonnenuntergang bei Moro Jable

Sonnenuntergang bei Morro Jable

Freitag, 19. November 2021

Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg Richtung Südwestspitze von Fuerteventura. Laut App Navily kann man vor Morro Jable passabel ankern. Nebenan liegt ein Hafen als Notlösung, falls der Ankerplatz sich nur schlecht als solcher eignet.

Am Fuße der Berge über dem Strand erheben sich Paläste von Hotels und Resorts als Außenbastionen des Tourismus auf dieser ach so kargen Insel. Ein breiter, langer Sandstrand erstreckt sich davor. Er ist gut bevölkert. Ja, es ist Hochsaison für einen Herbsturlaub in der Sonne und unter Palmen.

Moro Jable am Abend

Morro Jable am Abend mit Vollmond

Den Ankerplatz direkt vor der Strandpromenade von Morro Jable erreichen wir erst, als es fast dunkel ist. Meine WLAN-Finder-App verrät mir das Passwort für das Wifi einer Bar am Ufer. Leider kann ich mich aber dort nicht einloggen. Schade.

Moro Jable bei Tag

Morro Jable bei Tag

Samstag, 20. November 2021

Noch morgens in der Koje stelle ich fest: Wifi von der Bar funktioniert doch! Gestern Abend waren wohl zuviele Gäste dort eingeloggt, jetzt am Morgen ist noch keine Kundschaft da. Da lässt sich Einiges recherchieren, downloaden und was es sonst noch Datenintensives zu erledigen gibt.

Merle schnorchelt

Merle schnorchelt

Merle schnorchelt erstmals an der benachbarten Felswand. Als sie gerade unterwegs ist, kommt ein großer Ausflugskatamaran. Der Skipper zeigt auf ein paar kleine Schwimmkörper im Wasser neben unserem Boot. "This is my mooring!", gibt er zu verstehen. Ach je, habe ich gestern im Dunkeln gar nicht bemerkt. Mit Geste der Entschuldigung hole ich den Anker auf und parke etwa dreißig Meter weiter erneut.

Merle ist allerdings gerade mit Schnorcheln fertig und auf dem Rückweg zum Boot. Sie hat Mühe, gegen die Strömung anzuschwimmen. Aber immer, wenn sie hochblickt, ist das Boot weiter weg. "Will der mich veräppeln und fährt weg?" Ja, letzteres, aber nicht um zu veräppeln.

Wir machen uns auf, um die Ortschaft zu erkunden. Weil das Anlanden mit dem Schlauchboot auf dem Strand wegen der Wellen und auch wegen der dortigen Badegäste etwas gefährlich ist, gehen wir mit dem Schlauchboot in den Hafen. Auf der Suche nach einem Anlegeplatz winkt uns ein Mann auf einem der Stege heran. Der Liegeplatz dort sei frei, das Boot kommt erst in zwei Wochen wieder zurück. "Da könnt ihr ruhig anlegen, kein Problem!"

Neben dem Hafen gibt es eine Schildkröten-Klinik. Verletzte Panzerreptilien werden dort geheilt und danach wieder ausgewildert. Leider ist Wochenende und obendrein Corona. Das Gelände ist verschlossen und Besichtigung zurzeit nicht möglich. Durch den Zaun sehen wir aber eine ganze Reihe Bassins, über deren Rand ein Schildkrötenarm hinausragt. Schade, hätten wir uns gern richtig angesehen.

Schöner Weg den Berg hoch

Schöner Weg vom Hafen Richtung Ort den Berg hoch

Der Weg zum Ortszentrum führt durch ein schön bepflanztes Tal mit steilem Fußweg aufwärts. Nach einigen hundert Metern durch hübsche Häuser erreichen wir den Mittelpunkt des Ortes. Wir merken, dass hier viel getan wird, damit es den Touristen gefällt. Überall im Städtchen verteilt stehen Bronzestatuen von Personen, die dem Künstler wichtig waren, und zwar in Lebensgröße. Die von Willy Brandt ist uns allerdings zu weit weg, knappe zwei Kilometer. Und zu den riesigen Bettenburgen der großen Hotels wollen wir nicht laufen. 


Apparmentanlage am Hang im Ort

Apparmentanlage am Hang im Ort

Denn schon gleich neben dem Ortszentrum liegt eine Appartmentanlage, die einer Legebatterie mit Käfighaltung für Hühner ähnelt. Okay, etwas ungerecht... Aber irgendwoher muss die Kohle aus den Taschen der Touristen ja kommen. 

Wir nehmen der Fairness halber ein Lunchgericht in der Waikiki-Beach-Bar ein. Das WLAN, das wir von Bord nutzen, hat den Namen der Bar als Passwort, gehört aber zur Eisdiele 50 Meter weiter links. Ist wohl derselbe Inhaber. Anschließend gehen wir im gut sortierten Supermarkt einkaufen. Mit den vollen Taschen geht es wieder über den Berg Richtung Hafen, wo unser Schlauchboot liegt. Auf dem Weg schießen wir noch ein paar Fotos von Joli Ame, siehe unten.

Merle auf dem Strand von Morro Jable

Merle auf dem Strand von Morro Jable, Joli Ame im Hintergrund

Strandpromenade von Morro Jable

Strandpromenade von Morro Jable

Joli Ame vom Berg aus

Auf dem Rückweg den Berg hoch

Aussichtspunkt auf dem Berg

Aussichtspunkt auf dem Berg, Merle mit praller Einkaufstasche

Aussichtspunkt auf dem Berg

Derselbe Aussichtspunkt auf dem Berg mit Blick über den Ort. Hinten rechts die "Legebatterie" = Appartmentanlage

Sonntag, 21. November 2021

Schon beim Öffnen der Augen in der Koje merke ich: Das Schiff schaukelt unangenehm heftig. Gestern und vorgestern kam der Wind von Land, Wellen können sich auf den hundert Metern zwischen Strand und Schiff nicht aufbauen. Der Wind hat aber in der Nacht gedreht und schickt uns die Wellen des Passat parallel zur Küste. Bei der Schaukelei gehen wir dann entweder in den Hafen oder besser gleich auf den Weg nach Las Palmas de Gran Canaria.

Während ich das Boot für die eintägige Fahrt vorbereite und das Dinghi an Deck festbinde, blicke ich zu einem neu angekommenen Ankerlieger rüber. Ich schaue einmal, zweimal und traue meinen Augen kaum. Das ist doch die "Jambo"! Martin Jambo führt eine informative Website und veröffentlicht Videos bei YouTube. Das umfangreichste dokumentiert seine 40tägige Reise aus der Karibik nonstop bis Helgoland. Wegen Corona konnte er sich in der Karibik praktisch nicht mehr bewegen, weil keiner der Zwergstaaten die Einreise erlaubte. Schweren Herzens hat er sich dann auf den Heimweg gemacht. Selbst der übliche Zwischenstopp auf den Azoren blieb ihm verwehrt.

Und da löst sich auch das Schlauchboot der Jambo und - kommt direkt auf uns zu! Martin will nur kurz guten Tag sagen und dann an Land etwas essen. Auf sein Video von der Rückreise nach Helgoland angesprochen sagt er nur knapp: "Hat Spaß gemacht." Er hat eine Nachtfahrt in den Knochen, möchte deshalb nicht bei uns an Bord kommen. Okay, verstehe ich. Und weg ist er wieder, eine kleine Berühmtheit. Dass eine Band, in der ich mitspiele, ebenfalls Jambo heißt, konnte ich ihm gar nicht mitteilen...

Fuerteventura bleibt im Heckwasser zurück

Fuerteventura bleibt im Heckwasser zurück

An der Südwestecke von Fuerteventura nehmen wir Kurs auf Las Palmas de Gran Canaria. Nur zwei Fähren überholen uns auf unserem Kurs. Yachten sind nicht zu sehen. Allerdings erkennen wir auf dem Seekartenplotter viele, viele AIS-Signale auf einem Haufen. Heute startet von Las Palmas die "Atlantic Rallye for Cruisers", kurz ARC. Diese Regatta bietet für viele Segler, die sich die Atlantiküberquerung auf eigene Faust nicht so recht zutrauen, einen Rahmen der Sicherheit: Es sind viele Boote gleichzeitig unterwegs, man kann sich bei Problemen unterwegs gegenseitig helfen. Ein umfangreiches Programm mit Sicherheitstrainings und Ausrüstungschecks geht voraus, sodass alle Teilnehmer dann gut vorbereitet sind, wenn es losgeht. Das kostet allerdings einen fünfstelligen Betrag als Teilnahmegebühr.

Las Palmas von See aus

Einlaufen nach Las Palmas bei Dunkelheit

Weil aber mehrere hundert Teilnehmeryachten im Hafen von Las Palmas gelegen hatten, war nicht daran zu denken, dort einen Liegeplatz zu ergattern. Nun sind sie alle weg und der Weg in den Hafen frei. Denkste. Wir kommen erst bei Dunkelheit an. Das Hafenbecken rund um den Yachthafen ist knallvoll mit Ankerliegern. Dazwischen einen Ankerplatz mit akzeptabler Wassertiefe und Platz zum Hin- und Herdrehen des Bootes bei Windrichtungswechsel zu finden, ist illusorisch. Nach ein paar Runden durch die Ankerlieger nehmen wir ganz am Rand mit einem Platz vor der Uferbefestigung der Schnellstraße bei zwölf Metern Wassertiefe vorlieb. Die Regel lautet: Länge der Ankerkette = drei- bis fünffache Wassertiefe. Wir haben knappe 50 Meter Kette im Ankerkasten. Also alles raus bis auf einen halben Meter Reserve.

Die ganze Nacht über heulen die Sirenen von Krankenwagen auf der Schnellstraße. Kein Wunder: Gleich gegenüber liegt ein Krankenhaus!

Montag, 22. November 2021

Inzwischen ist klar, dass die Trauerfeier für meine Mutter am 1. Dezember stattfinden wird. Wir haben also noch eine knappe Woche Zeit hier in Las Palmas, um danach für ein paar Tage in die Heimat zu fliegen. Diese Spanne wollen wir für die endgültigen Vorbereitungen zur Atlantiküberquerung nutzen. Das geht am besten im Hafen. Wir nehmen also unser Schlauchboot und wollen bei der Hafenmeisterei die Konditionen sondieren. Dort angekommen, stellen wir uns in der Warteschlange hinten an. Schließlich haben die zahllosen Ankerlieger vor der Hafenmole auf diesen Morgen gewartet. Nach einer Wartezeit von einer Stunde sind wir immer noch nicht dran. Entnervt geben wir auf. Morgen ist auch noch ein Tag. Wir kehren auf unser Boot zurück und machen uns fertig für eine erste kurze Stadterkundung. 

An der Strandpromenade entlang nach Norden gibt es einen Shoppingtempel mit vielen kleinen Einzelläden auf drei Etagen. Dorthin zieht es Merle. Nach einem Streifzug durch die Gänge finden wir einen Laden mit schönen Ohrsteckern in der Farbe ihrer himmelblauen Augen. Die sollen es sein. Der Rest der Läden bietet nicht wirklich Interessanteres als wir aus Hannover oder München so kennen. Wir merken uns den Supermarkt für den Lebensmitteleinkauf, sehen aber jetzt erst einmal davon ab. 

Weil es dort ein funktionierendes WLAN gibt, sondiere ich im Whatsapp-Kontakt mit meiner Schwester, welche Musik auf der Trauerfeier gespielt werden soll. Es gibt jemanden zum Orgeln. Wenn etwas aus der Konserve abgespielt werden soll, müsse man Abspielgerät und Lautsprecher mitbringen. Wir entscheiden uns für einen Bach und einen Brahms.

Weststrand von Las Palmas

Strand im Westen von Las Palmas de Gran Canaria

Wir wollen noch weiter. Durch die Straßen des nördlichen Stadtviertels gelangen wir zur Strandpromenade am großen Weststrand. Der ist breit und bietet viel Platz für Sport und Spiel. Jetzt am späten Nachmittag ist der Strand spärlich besucht, die Restaurants und Bars an der Promenade sind aber gut besetzt.

Strandburg auf dem Weststrand

Strandburg nach kanarischer Art, wobei Art von Kunst kommt

"So geht Strandburg!", denken wir beim Anblick dieses Kunstwerks. Die plumpen Versuche von Vater und Kindern unserer Familie am Strand der nördlichen Adria erblassen vor Scham gegenüber diesem Werk. Aber da waren wir ja alle noch klein. Das hier ist eben Arbeit eines Profis.

Äthiopisches Restaurant

Köstliche Mischung aus Speisen der Küche Äthiopiens

Und wieder steht uns die Qual der Wahl für das Abendessen bevor. Inzwischen ist klar: Das Sondieren der Bewertungen bei Google Maps gehört zum Prozedere einfach dazu. Nach längerem Hin und Her entschließen wir uns zu einem Restaurant mit Gerichten aus Äthiopien. Exotisch wirkt auch die Speisekarte, wir verstehen nur Bahnhof. Von Äthiopisch auf Spanisch übersetzt, und wir versuchen dann, das Ganze nach Deutsch zu übertragen - ein hoffnungsloses Unterfangen. Das merkt auch der junge Kellner im legeren T-Shirt. Er berät uns und versucht wiederum, den Inhalt der Speisen von Äthiopisch nach Englisch zu übersetzen, was mehr schlecht als recht gelingt, jedenfalls für meine Ohren. Na gut, schnelle Entscheidung, wir nehmen sozusagen eine "Wundertüte" und sind gespannt, was dann auf Teller und Gaumen landen wird. 

Oh Wunder der nordostafrikanischen Küche: Es schmeckt köstlich! Wir sind begeistert und können den überaus positiven Bewertungen nur zustimmen. Nur ist der Hunger etwas größer als die Portion, meiner jedenfalls. Macht aber nix, war gut!!! Heimweg zum Hafen bei Dunkelheit, Schlauchboot, Ende und aus für heute.

Dienstag, 23. November 2021

Als ich zu einem ersten morgendlichen Rundblick an Deck erscheine, nähert sich ein kleines Motorboot mit zwei Uniformierten: die Polizei. Mir schwant Böses, denn wir ankern ja immer noch im Hafenbecken. Ob das erlaubt ist? Ich versuche ungefragt, die Lage mit der Warteschlange bei der Hafenmeisterei zu erläutern. Der Polizist entgegnet nur gnädig: "I know." Es geht nur darum, die angekommenen Yachten zu registrieren. Kurz notiert, und weg sind die beiden zum nächsten Boot, meine Sorge war gänzlich unbegründet.

Allerdings nehme ich das als Anlass, heute nun wirklich in den Hafen zu gehen. Gesagt, getan. Nach dem Frühstück steigen wir also wieder ins Dinghi, Ziel Hafenmeisterei. Der Anmeldeprozess geht routiniert und zügig vonstatten. Wir erhalten einen Liegeplatz am Steg K, eine Chipkarte für den Zugang durchs Tor und die obligatorische Rechnung, die aber erstaunlich günstig ausfällt. Wir zahlen nur sieben Euro pro Tag. Da kann man das Schiff doch gelassen für knappe zwei Wochen hier liegen lassen. Ich frage nach einer Servicefirma, die unserem Yanmar-Motor eine Inspektion angedeihen lassen könnte. Der Rezeptionist führt mich zu einer Wandtafel mit dem Plan des Hafens, tippt auf eine Stelle und sagt: "Aqui!" = "Hier!" Na, das flutscht ja super heute...

Zurück mit dem Dinghi an Bord von Joli Ame, Anker auf, ab in den Hafen. Bevor wir aber den angewiesenen Liegeplatz anfahren, möchte ich vor der Atlantiküberquerung noch einmal randvoll Diesel tanken - wer weiß, wofür das gut ist. Auf den dreitausend Seemeilen bis zu den Antillen wird kein Zapfhahn mehr in unsere Nähe kommen, es sei denn auf den Kapverdischen Inseln, wenn wir sie denn überhaupt anlaufen. 600 Liter Diesel unter den Bodenbrettern verströmen da ein Gefühl der Sicherheit.

An der Tanke liegt bereits ein Schiff, eine wunderschöne ältere "Swan" mit Flagge Niederlande. Die Swans baut die Werft Nautor in Finnland. Sie gelten als so etwas wie die Rolls Royce unter den europäischen Segelyachten. Allerdings hat die Zeit auch die Firma Nautor eingeholt. Nach wirtschaftlichen Nöten hat vor ein paar Jahren eine italienische Holding die Werft übernommen. Diese Schönheit hier stammt aber eindeutig aus dem vergangenen Jahrhundert und ist schon weit mehr als 25 Jahre im Familienbesitz, wie mir das Eignerpaar erzählt.

Zeit haben wir reichlich für einen Plausch. Der Tankwart gestikuliert bei unserer Ankunft nämlich, dass kein Tropfen mehr in seinen Tanks ist. Alles leergesoffen von der Flotte der ARC. Er warte auf den Tankwagen. Wann kommt der? Keine Ahnung, vielleicht im Laufe der nächsten Stunde, aber nix Genaues weiß er nicht. Na gut, warten wir eben.

Mitten im Gespräch mit den Holländern kommt tatsächlich der Tankwagen. Erst wird die Swan betankt, dann sind wir dran. Das anschließende Einparken am angewiesenen Liegeplatz funktioniert dank Hilfe vom Steg und freien Liegeplätzen links und rechts gänzlich unproblematisch. Normalerweise helfen die Marineros im Schlauchboot, aber die haben wegen unserer langen Warterei an der Tanke jetzt Mittagspause. Das Festmachen mithilfe von im Wasser liegenden Muringleinen ist für Merle gänzlich neu. Ich kenne das schon aus dem Mittelmeer, wo man "römisch-katholisch" mit dem Heck zu Steg oder Mole und mit am Hafengrund verankerten Tauen am Bug festmacht.

Nächster Gang: Yanmar Service. Unser Motor ist vom Ijsselmeer bis hierher hunderte Stunden gelaufen. Vor der Atlantiküberquerung hätte ich gern eine Inspektion und Ersatzteile wie Dieselfilter, Ölfilter, Impeller usw. Ob es so etwas in der Karibik zu kaufen gibt, weiß keiner, und was man hat, hat man. Im Shop mit dem großen Plakat "Yanmar" im Schaufenster treffe ich auf Ole. Ein knuddeliger Skandinavier, der fließend Deutsch spricht. Er bittet mich um Fotos vom Typenschild des Motors und des Betriebsstundenzöhlers. Damit kann er die Art der Inspektion festlegen und die benötigten Teile zusammenstellen. Um einen Termin mit den Mechanikern kümmert er sich.

Fußgängerstraße in Las Palmas

Fußgängerstraße in Las Palmas weihnachtlich geschmückt

Inzwischen ist es Nachmittag. Wir wollen mehr von Las Palmas sehen und nehmen zu Fuß Kurs auf die Altstadt. Der Weg führt an Hochhäusern vorbei durch vielbefahrene Straßen. Wir erreichen einen Platz mit Verkaufsbuden. Sieht aus wie eine zu heiß gewaschene Fassung von Weihnachtsmarkt. Ist es auch! Aber wir ziehen erst einmal weiter, die Buden können bis zum Rückweg warten. Die Fußgängerstraße dient als Flaniermeile. Hier ist Ende November bereits alles auf Weihnachten dekoriert. Bei den Temperaturen wirkt das alles etwas merkwürdig auf uns.

Kathedrale in Las Palmas

 Die Kathedrale in Las Palmas wirkt eher unaufdringlich

Ein paar Straßenecken weiter erreichen wir einen Platz mit der Kathedrale und gegenüber einem Gebäude, das wie so etwas wie ein Rathaus wirkt. Davor wird gerade eine Bühne mit hochprofessioneler Audio- und Lichttechnik aufgebaut. Mich, der ein Leben lang als Musiker und Tontechniker unterwegs war, ziehen solche Bühnenaufbauten irgendwie magnetisch an, da muss ich zugucken. Eine ähnliche Wirkung haben Yachthäfen auf mich. Meine Familie rollt dann meist mit den Augen: "Papa muss wieder Schiffe gucken!"

Bis auf die Bühnentechniker, die gerade einen mordsschweren Kasten mit Lichttechnik an einem Mast empor hieven, ist der Platz nur von Touristen besucht. Die jüngeren knipsen Selfies mit den typischen Posen - Daumen hoch, Zunge raus usw., Hauptsache crazy - die Älteren lassen es ruhiger angehen. 

Platz vor der Kathedrale in La Palmas

Platz vor der Kathedrale

Straße neben der Kathedrale

Straßenbild in der fast menschenleeren Altstadt

Platz mit Brunnen und schönen Altbauten

Platz mit Brunnen und gut gepflegten Altbauten

Straßenzug mit schönen Altbauten und den typischen Balkonen

Straßenzug mit schönen Altbauten und den typischen Balkonen

Straßenzug mit schönen Altbauten und den typischen Balkonen

Hotelfassade in der Altstadt. Der Kellner (nicht im Bild) trägt eine Livré-Uniform.

Straßenzug mit schönen Altbauten und den typischen Balkonen

Diese Fassade am Abend zu beleuchten ist den Aufwand wert

Wir kommen an ein paar Sonnenschirmen mit sehr rustikalen Tischen und Stühlen vorbei. Ausschließlich junge Gäste sprechen Deutsch. Wir halten uns bedeckt, werfen aber mal einen Blick auf die Speisekarte. Das etwas andere Restaurant betont, dass das Fleisch für ihre Burger von der eigenen Farm mit Bioprodukten stammt, dass alles ökologisch sinnvoll hergestellt ist und angeblich trotzdem oder gerade deshalb schmeckt. Die Zusammenstellung der vollblumig titulierten Kreationen klingt interessant. Also: Hinsetzen, bestellen.

Weihnachtsmarkt in Las Palmas

Weihnachtsmarkt mit wenigen Buden

Auf dem Rückweg, es ist inzwischen dunkel, ist die Fußgängerladenstraße sehr gut besucht: Shopping nach Feierabend oder einfach nur sehen und gesehen werden. Den gegenüber deutschen Verhältnissen eher ärmlichen Weihnachtsmarkt mit nicht mal einem Dutzend Buden schauen wir uns jetzt genauer an. Das Angebot reicht von Hot Dogs über Süßigkeiten und Plastikspielzeug bis hin zu Röstkastanien. Die gibt es hier übrigens an jeder zweiten Straßenecke. Einziges Highlight: Der Kastanienröster schlägt mit seinem Rührlöffel im Kessel einen gekonnten Rhythmus.

Marina mit Weihnachtsdeko

Marina von Las Palmas mit Weihnachtsbeleuchtung an jedem Laternenmast

Der Rest des Heimwegs zieht sich, aber heute können wir vom Steg aus auf das Boot steigen, ohne das Schlauchboot bemühen zu müssen.

Selbst die Marina trägt an jedem Laternenmast Lichterketten als Weihnachstschmuck.

Flaggenparade im Ship Shop Rolnautik

Flaggenparade im Ship Shop Rolnautik

Mittwoch, 24. November 2021

Wir befragen Ole im Yanmarladen, ob er schon einen Termin für die Motorinspektion nennen kann. Er ist überrascht, dass sich noch niemand bei uns gemeldet hat, versichert allerdings, sein Chef mache die Termine, er selbst könne auch nur nachfragen. Wir sollen doch selbst im Rolnautik-Shop am Ende der Straße mit dem Disponenten sprechen. Machen wir. Außerdem ist der Rolnautik-Shop wieder so ein Laden, in dem sich Segler stundenlang aufhalten können, um Ausrüstung anzusehen, anzufassen, zu vergleichen und was sonst Frauen in Handtaschenläden oder Schuhgeschäften so treiben. Tschuldigung, der Vergleich ist politisch nicht korrekt.

Der Disponent für die Motorinspektionen zeigt auf einen Karton: Da seien unsere Ersatzteile drin, die für die Inspektion mit Ölwechsel gebraucht werden. Er telefoniert, schaut in das große Notizbuch. Wir erhalten in Kürze Nachricht, versichert er.


Haken mit Gastlandflagge St. Vincent

Der Haken mit Gastlandflagge St. Vincet & the Grenadines ist leider leer.

Wenn wir schon im Laden sind, schauen wir nach Gastlandflaggen für die voraussichtlich zu besuchenden Länder. Das Regal ist gut gefüllt. Ausgerechnet die Haken mit Flaggen, die wir zuerst brauchen - Kapverden und St. Vincent & the Grenadines - sind leer. Gut, das hat dann auch noch ein paar Tage Zeit, dann wird das Regal wohl aufgefüllt sein. Wir nehmen aber von den vorhandenen Flaggen alles mit, was wir gebrauchen können. Außerdem eine Schlauchschelle 40 mm, um das Dilemma mit dem wackelnden Windgeneratormast endlich zu beseitigen. Zusätzlich zu den in Marina Rubicon erstandenen Netzen kaufen wir noch weitere Meter Netz für das viele Obst und Gemüse, das wir auf die Überquerung mitnehmen wollen.

Trainingspark mitten in der Stadt

Trainingspark für Fitnessbegeisterte mitten in der Stadt

Merles Fitness als Fußballspielerin im Drittliga-Club FFC Wacker München leidet unter dem tagelangen Herumsitzen auf dem Boot. Sie hat einen Trainingspark mitten in der Stadt gefunden, der geradezu luxuriös ausgestattet ist: Zeitnahme und Zwischenzeiten für die gelaufenen Runden, Kraftgeräte und vieles mehr. Der Platz ist gut besucht - kein Wunder. Merle trainiert mehrere Stunden.

Fußweg entlang der Stege

Fußweg und Straße entlang der Stege, gesäumt von Palmen

Vattern nutzt die Zeit, alle Edelstahlteile an Deck vom Flugrost zu reinigen. Obwohl V4A-Edelstahl, bilden sich durch die aggressive Seeluft überall braune Rostflecken. Sie lassen sich mit einem Mikrofaserfeudel recht gut abreiben. Trotzdem kann man, wenn man einmal von vorn bis hinten alles geputzt hat, gleich wieder vorn anfangen. Bloß gut, dass keine zu lackierenden Holzteile an Deck verbaut sind. Damit hätte ich pausenlos zu tun: Schleifen, Lackieren, Schleifen, Lackieren...

In Puerto Calero in der viel zu engen Stegbox haben wir uns häßliche blaue Schmierstreifen von den Fendern am Steg geholt. Ich suche in den zahlreichen Flaschen und Dosen, die die Voreigner an Bord angesammelt haben, und finde einen Reiniger, der gleichzeitig die Oberfläche neu wachst und versiegelt. Damit knie ich auf dem Stand-up-Paddling Board neben dem Rumpf und reinige und poliere, bis die Bordwand in altem Glanz erstrahlt. Dabei fachsimpele ich mit dem englischen Nachbarn über die Segelwelt als solche.

Reinigen des Ruders der Windsteueranlage

Reinigen des Ruders der Windsteueranlage

Donnerstag, 25. November 2021

Das Heck trägt eine unschöne Schicht Dieselruß vom Auspuff. Wird auch gleich geputzt.

Und dann das Aufwändigste: Das Ruder der Windsteueranlage ist grün bewachsen. Wir montieren es ab, was am Steg recht einfach ist, legen es waagerecht und kratzen mit einer abgelaufenen Kreditkarte als weichem Spachtel und mit einer Schrubberbürste den grünen Bewuchs ab.

Während ich so schrubbe und schabe, kommen zwei junge Dänen vom Ende des Steges vorbei und deuten auf die Windsteueranlage: "Hydrovane! Great! They are the best. We call ours 'Heidi'." Merle findet 'Dwayne the vane' in Anlehnung an den Actionfilm-Darsteller Dwayne the Rock besser. Ich finde beides nicht so toll. Hauptsache, sie macht einen super Job, und das tut sie hervorragend.

Kurzer Besuch bei "meinem Freund" Ole im Yanmar-Shop gleich gegenüber unseres Stegtores: Immer noch kein Termin für einen Motorcheck. Ole fasst sich an die Stirn und kann es nicht glauben. Wahrscheinlich sind die Mechaniker nach dem Stress mit der ARC-Flotte damit beschäftigt, andere aufgeschobene Aufträge abzuarbeiten. 

Die Geschichte, wie ich AIS-Signale auf den Kartenplotter an der Steuersäule bekomme, ist eine unendliche. Im August hatte ich in Deutschland einen Konverter bestellt. Nach Einbau im Boot konnte ich für einen Moment AIS-Signale anderer Schiffe auf dem Display sehen, dann nicht mehr. Nach langem Hin und Her, tagelangem Probieren, Checken des AIS beim Raymarinefachmann am Ijsselmeer immer noch keine AIS-Signale auf dem Plotter. Irgendwann gebe ich entnervt auf. Eine Notlösung mit einem Seriell-zu-USB-Adapter, einem kleinen Macbook und WLAN-Übertragung an ein iPad an der Steuersäule ist umständlich, aber funktioniert.

Im Rolnautik-Shop mache ich einen letzten Versuch und erstehe einen anderen Konverter. Stundelanges Probieren an Bord. Schließlich wiederhole ich die Prüfung auf Durchgang des Kabels zwischen Schaltpanel am Kartentisch und Steuersäule, die ich schon in Hindeloopen durchgeführt zu haben glaube. Oh nein! Kein Zweifel: Durch das Kabel können keine Signale kommen, denn es ist irgendwo unterbrochen! Ich finde eine andere Möglichkeit, vier freie Adern  in einem anderen Kabel zu nutzen. Und? Einschalten, Spannung. Oh Jubel, Senf an die Decke! Sofort sehe ich zig Signale auf dem Plotterbildschirm. Wie peinlich, dass ich das nicht schon in Hindeloopen hinbekommen habe.

Merle geht nochmal trainieren in ihrem Sportpark.
Überdachte Kraftgeräte im Fitnesspark

Überdachte Kraftgeräte im Fitnesspark

Noch mehr Kraftgeräte

Noch mehr Kraftgeräte

Erklärschild im Fitnesspark

Erklärschild im Fitnesspark

Weihnachtsbaum vor Shoppingtempel

Weihnachtsdeko vor dem Shoppingtempel

Freitag, 26. November 2021

Es ist "Black Friday"! Merle ist den Tag über im Internet unterwegs, um Schnäppchen zu jagen. Schließlich fliegen wir für ein paar Tage heim. Da kann man sich etwas liefern lassen. Ich erstehe eine Midlayer-Hose für das atmungsaktive Offshore-Ölzeug. Auf der Atlantiküberquerung West nach Ost wird es wieder kalte Nächte geben. Außerdem eine lange Unterhose Typ Funktionsunterwäsche als Base Layer. Und noch ein Langarmshirt mit UV-Schutz 50+ für Schnorcheln und überhaupt.

Wir waschen im Waschsalon der Marina unsere Wäsche. So ein Mist: Überall rote Flecken! Wo kommen die denn her? Wir entdecken die Wachshülle eines Mini-Babybel-Käses. War wohl an irgendeinem Ärmel angeklebt und so in die Schmutzwäsche gelangt. Mit WischWeg-Blättern und Merles Glätteisen für das Haar können wir die Wachsflecken zwar reduzieren, aber nicht beseitigen.

Und täglich grüßt das Murmeltier: Gib mir meinen täglichen Ole! Immer noch kein Termin für die Inspektion, aber immerhin sind meine bestellten Ersatzteile da, bis auf zwei Dieselfilter. Den Motorcheck schreibe ich inzwischen ab.

Wir laufen ein paar Kilometer quer durch die Stadt auf die Westseite zu einem mehrstöckigen Shoppingtempel mit vielen Einzelläden. Wegen Black Friday haben fast alle Sonderangebote oder generell Rabatt auf alles. Entsprechend voll ist es. Für uns beste und letzte Gelegenheit, Weihnachtsgeschenke für unsere Lieben daheim zu besorgen. Merle und ich nehmen getrennte Wege, zu unterschiedlich sind unsere Suchprofile.

Nach zwei Stunden habe ich ein paar Kleinigkeiten erstanden. Die Reizüberflutung führt aber mehr und mehr zu Apathie. Ziellos irre ich umher. Schließlich treffe ich Merle und teile ihr mit, dass ich schon den Heimweg antrete.

Über den Wolken

Über den Wolken

Samstag, 27. November 2021 bis Donnerstag, 02. Dezember 2021

Wir packen unsere Sachen. Wir haben einen Flug nur mit Handgepäck gebucht. Klamotten zum Anziehen haben wir zuhause ja genug. Die Bushaltestelle für den Schnellbus zum Flughafen liegt an der vielbefahrenen Uferstraße gleich neben der Marina. Es gibt zwei für uns günstige Abfahrtszeiten zwischen 12 und 13 Uhr. Wir hasten los, die kleinen Rollkoffer im Schlepp. Weil wir den früheren Bus noch kriegen wollen, müssen wir fast laufen. An der Haltestelle angekommen, müssen wir dann doch auf "unseren" Bus warten.

Am Flughafen angekommen versuchen wir, irgendetwas Erschwingliches an Essbarem aufzutreiben. Flughafenpreise! Da, wo es relativ günstig Sandwiches oder Baguettes gibt, stehen lange Schlangen. Klar, es ist Wochenende und entsprechend viele Menschen sind unterwegs. Nachdem wir den ganzen Abflugbereich einmal rauf und runter gelaufen sind, bleibt ganz am Ende nur ein Burger King ohne lange Schlange. Auch da Flughafenpreise, aber egal jetzt.

Im Duty Free erstehen wir ein paar typisch kanarische Spezialitäten für die Weihnachtsfeier der Lieben zuhause und für die anstehenden Geburtstage von zwei Söhnen. Eine Flasche kanarischer Honigrum, mehrere Gläser Mojo Rojo und Mojo Verde. Das ist mehr oder weniger scharfe Soße, ähnlich wie Ketchup, aber weniger süß. All das passt gerade noch ins Handgepäck.

In Hannover angekommen, stehen wir vor dem Gate. Keiner da zum Abholen? Verspätung kennen wir von unserer Famile zur Genüge. Kurzer Whatsapp-Kontakt: Solveig hat vor dem falschen Gate geparkt. Sie kommt rum, wir fahren heim.

Zuhause wartet ein Haufen Arbeit auf mich. Es gibt viele Rechnungen zu überweisen, Steuererklärungen zu ergänzen und zu übermitteln. Schließlich Vorbereitungen für Navigationssoftware, Download von Seekarten usw.

Für die Ostküste der USA brauche ich noch ein Visum. Oh Schreck! Wer mit dem eigenen Boot einreisen möchte, braucht nicht das ESTA-Visum, das ganz einfach online beantragt und genehmigt wird. Nein, es ist ein sogenanntes B2-Visum erforderlich. Zum Prozedere gehört zwingend ein Interview in der Botschaft in Berlin, Frankfurt oder München. Terminvorlauf Minimum zwei Wochen. Geht das auch in einer Botschaft in der Karibik, z. B. Dominikanische Republik? Prinzipiell schon, bei entsprechender Wartezeit auf einen Termin. Also lade ich alle Dokumente und Angaben für die Botschaft in Santo Domingo hoch. Letzte Schritte vor Bezahlung der Gebühr: Kleingedrucktes. Darin steht, dass wegen Covid die Botschaft sich außerstande sieht, Interviews für Leute mit anderer Staatsangehörigkeit als DomRep durchzuführen. Also alles umsonst. Vielleicht Bahamas? Ich habe einfach keinen Bock mehr und verschiebe das auf die Zeit in der Karibik.

Die Trauerfeier für meine Mutter steht an. Meine ganze Kernfamilie findet im Siebensitzer Platz. Die Friedhofskapelle hat strenge Corona-Vorschriften. Es darf nicht gesungen werden, Masken, Desinfektion, Abstand halten. Wegen der Masken rätsele ich, wer einzelne Trauergäste sein könnten. Es sind trotz Pandemie doch weit über zwanzig Personen, Familienangehörige ausgenommen. Leichenschmaus und wieder ab nach Hause, dort essen und schon wieder Sachen packen.

Alles wie vorher

Joli Ame innen: Alles wie vor der Abreise.

Donnerstag, 02. Dezember 2021

Früh geht es aus den Federn. Nach einem schnellen Frühstück fahren wir zum Flughafen. Solveig fährt, Linus kommt auch mit, denn er kann gleich bei der Schule abgesetzt werden und spart sich die Busfahrt. Auf dem Flughafen haben wir neuerlichen Abschiedsschmerz, schon wieder auf unbestimmte Zeit. Und die Atlantiküberquerung steht jetzt unmittelbar an, mit großer Ungewissheit über den Verlauf.

Der Flug verläuft normal. In Las Palmas angekommen, suchen wir am Flughafen ein Testzentrum auf, denn wir brauchen für die Einreise nach St. Vincent & the Grenadines einen negativen PCR-Test. Wo eine Infektion herkommen soll, wenn wir drei Wochen zu zweit den Ozean überqueren, ohne jeglichen Kontakt zu anderen Menschen, ist uns zwar rätselhaft, aber Vorschrift ist Vorschrift.

Das Boot liegt da, als wären wir gestern noch da gewesen. Letzte Besorgungen stehen an, denn morgen soll es unwiderruflich losgehen. Ein letzter Besuch bei "meinem Freund" Ole im Yanmar-Shop: Die Dieselfilter hat er da. "Ach, übrigens, morgen Vormittag ist dein Motorcheck." Damit hatte ich überhaupt nicht mehr gerechnet! Also gut.

Vor allem frisches Obst und Gemüse müssen wir noch einkaufen, denn zu früh eingekauft, wäre es zu schnell verdorben. Der HiperDino in fußläufiger Entfernung hat alles, was das Herz begehrt - fast alles. Sogar einigermaßen "vernünftiges" Brot, also kein Papptoast, gibt es dort, mit akzeptablen Haltbarkeitsdaten. Und Churrizo, eine scharf gewürzte Wurst, da nehmen wir gleich zwei, denn die geht gleichermaßen auf Brot und zum Kochen.

Wir montieren die Netze für das Obst im Cockpit, im Schatten unter dem Bimini-Verdeck. Dort ist es luftig.
Äpfel im Netz unter Bimini-Verdeck

Obstnetz unter dem Bimini-Verdeck, gefüllt mit Äpfeln

Bananen auf Gummistrop

 Die Bananen hängen wir über einen Gummistrop.

Der Skipper
Adresse

Eiermarkt 3
30938 Burgwedel
Impressum
Datenschutzhinweis

Kontakt
  • Email:
  • volker.bublitz(@)web.de
  • mobil: +49 173 99 511 87