Flagge von Antigua

Nationalflagge von Antigua

weiter Mittwoch, 19. Januar 2022

Die Überfahrt von Le Moule auf Guadeloupe nach Antigua verläuft ohne Wende, wir können die Insel direkt anliegen. Allerdings müssen wir bei kräftigem Wind und seitlich setzendem Strom ein bisschen Höhe kneifen, um uns unter dunklen Wolken von der Nordostküste von Guadeloupe ausreichend freizuhalten. Später am Vormittag kommt die Sonne raus und beschert uns eine angenehme, weil schnelle Überfahrt. Uns begleiten oder begegnen ansehnliche Yachten, die meist größer und daher schneller sind als wir (Stichwort: Länge läuft) oder mehr Höhe am Wind laufen, was im Vergleich mit unserem Langkieler kein Kunststück ist.

Guadeloupe nach Antigua

Unsere Route von Le Moule auf Guadeloupe nach Jolly Harbour auf Antigua

In der Bucht von Jolly Harbour

In der Bucht vor Jolly Harbour. Joli Ame erkennt man an der roten Windfahne der Hydrovane Windsteuerung, also die Yacht in der Bildmitte vorn.

Merle hat per Internetrecherche herausgefunden, dass die Einklarierung in English Harbour wegen Andrangs lange dauern könnte. Die Alternative, Jolly Harbour an der Westseite der Insel, sei da weniger überlaufen. Na gut, dann drehen wir eben ab dorthin. Es gibt eine Abkürzung zwischen der Südwestküste und vorgelagerten Riffen. Die ist aber schmal, im hinteren Bereich mit 2,5 Metern Wassertiefe recht flach und vor allem komplett unbetonnt. Ich entscheide mich für den längeren, aber sichereren Weg außenrum. Die knifflige Einfahrt gestern Abend hat mir erstmal gereicht, und Zeit haben wir genug, bevor es dunkel wird.

Die Wasserfarben der Flachs vor der Küste sind bei dem Sonnenschein in der Mittagszeit traumhaft, in Lee der Küste gibt es kaum Wellengang, es segelt sich ausgesprochen angenehm. Weit draußen vor der Einfahrt liegt eine Superyacht vor Anker. Als wir uns der Einfahrt in die Bucht nähern, erkennen wir, dass schon andere auf die Idee gekommen sind, dort zu ankern. Beidseitig neben der betonnten Fahrrinne ist es recht voll. Wegen unseres geringen Tiefgangs finden wir aber ein Plätzchen dicht an der eigentlichen Hafeneinfahrt wenig nördlich der Fahrrinne.  Ob die Wellen der vorbeifahrenden Schiffe uns durchschaukeln, werden wir dann schon merken oder eben nicht.

Strandvillen an der Bucht vor der Hafeneinfahrt

Strandvillen an der Bucht vor der Hafeneinfahrt

Im Laufe des späten Nachmittags laufen einige Wasserfahrzeuge im betonnten Fahrwasser vorbei. Der von ihnen verursachte Schwell ist erträglich oder kaum zu merken, je nach Geschwindigkeit des Schiffes. Also können wir getrost bleiben. Zum Einklarieren ist es aber bereits zu spät, die Büros bereits im Feierabendmodus. Wir drehen trotzdem eine Runde mit dem Dinghi durch den Hafen, damit wir morgen gleich wissen, wo wir hin müssen. 

Auf dem letzten Bojenpärchen der Hafeneinfahrt ist der angestammte Platz für ein paar Pelikane. Die fliegen eine Runde, stürzen sich ab und zu ins Wasser, um einen Fisch zu ergattern und haben ansonsten einen lässigen Nachmittag.

Der eigentliche Hafen wird auf der einen Seite gesäumt von Reihenhäusern, ein jedes mit eigenem Bootsliegeplatz, die meisten sogar mit einer Art Bootslift, um die Motorboote bei Nichtgebrauch aus dem Wasser zu heben. Das sorgt für wenig Algen- und Muschelbewuchs. Dagegen haben Boote, die ständig im Wasser liegen, einen Unterwasseranstrich, der bewuchshemmend ist, letztlich also giftig für die betreffenden Organismen. Joli Ame hat einen "Antifouling"-Anstrich, der selbstpolierend ist, bei Fahrt des Schiffes also minimal abgetragen wird, und der Bewuchs gleich mit.

Dreimaster

Wunderschöner Dreimaster "Eros" direkt vor dem Einklarierungshäuschen

Donnerstag, 20. Januar 2022

Nach dem Frühstück machen wir uns per Schlauchboot auf zum Einklarieren. Direkt vor dem Häuschen mit den Behördenbüros befindet sich das Dinghi Dock.

Wenige Minuten vor uns ist ein Katamaran mit vier französisch sprechenden Paaren fortgeschrittenen Alters zum Einklarieren eingetroffen. Bis die acht ihre Gesundheitsfragebögen ausgefüllt haben und - erste Station - vom Health Officer in Sachen Corona begutachtet sind, vergeht gefühlt mindestens eine Stunde.

Vor dem Eingang des Schalters für die eigentliche Einklarierung steht ein Computerterminal. Okay, nutze ich die Zeit und mache schon mal meine Eingaben. Als ich schon ziemlich weit gekommen bin, öffnet eine Uniformierte die Tür und weist mich unmissverständlich an, das sein zu lassen, ich sei schließlich noch nicht dran. Okay, okay, schon gut...

Ausblick während der Wartezeit

Blick am Häuschen der Gesundheitsprüfung vorbei die Hafenmole entlang, Warten auf Godot...

Also heißt es weiter tatenlos warten. Da entdecke ich an einer Blüte den ersten und einzigen Kolibri. Bevor ich ihn mit dem Handy ablichten kann, ist er schon weitergeflogen. Kaum ist das Handy wieder in der Tasche, schwirrt er wieder vor der nächsten Blüte. Handy raus, Kolibri weg. Na gut, dann behalte ich eben das Handy in der Hand, zum Schuss bereit. Der Kolibri scheint Wert auf Datenschutz an seinen Bildern zu legen. Er taucht jedenfalls nicht mehr auf - schade.

Nach inzwischen etwa eineinhalb Stunden ist die Katamaranbesatzung endlich abgefertigt. Wir haben unsere Gesundheitsformblätter längst ausgefüllt. Zur "Untersuchung" bitte einzeln eintreten, also ich zuerst. Obligatorisch: Temperatur messen, Fragen beantworten. Gar nicht so einfach, wenn man den Slang der mittelalten Dame im weißen Schwestern-outfit kaum versteht. Als schließlich klar wird, dass Merle und ich gemeinsam auf dem Boot "leben", darf auch Merle eintreten. Der Doc kommt endlich, und dann geht alles ziemlich schnell, denn der winkt ab bei meinen Fragen, was auf dem Formblatt einzutragen sei: Ach, einfach frei lassen, fertig. Kurzer Blick in die Impfpässe und Ende.

Links von der Hafenmeisterei

Andere Seite neben dem Hafenmeistereibüro. Und weiter warten...

So, nun geht's an den Schalter der Uniformierten von Customs und Immigration. Alle beide, Männchen und Frauchen, tragen sehr adrette Uniformen und sind ungemein wichtig. Ich solle am Computer unsere Bootsdaten und die persönlichen Angaben eintragen. Hätte ich ja längst fertig, wenn sie mich vorhin nicht verscheucht hätte. Aber bloß keinen Unmut zeigen, ich will ja nicht den Zorn des Amtsschimmels auf mich ziehen. Ich habe so meine Mühe mit der Tastatur, weil die eine andere Tastenbelegung als von mir gewohnt hat. Als ich endlich fertig bin, baut sich der Uniformierte in seiner monumentalen Statur vor mir auf und herrscht mich an, ich hätte die Registrationsnummer des Bootes falsch eingetragen. Zeigt auf mein Registrierungsdokument: "THIS ist your registration number!" Mein zaghafter Versuch zu erklären, dass andere Officers vor ihm jeweils andere Nummern eingegeben haben, wird unwirsch beiseite gewischt. Ob ich denn mein eigenes Dokument nicht lesen könnte, es sei doch schließlich in meiner Sprache! "Nein," sage ich, "es ist in 'Dutch' (niederländisch), und meine Sprache ist 'German'". "What, your registration is not in your language???" Sowas ist ihm noch nicht untergekommen, er möchte sich ausschütten vor Lachen. Schließlich fragt er streng, ob wir eine Gastlandflagge von Antigua an Bord haben. Es ist tatsächlich die einzige, die wir in Las Palmas de Gran Canaria nicht gekauft haben. Er rollt mit den Augen und weist uns an, unverzüglich eine im Ship Shop die Straße runter zu besorgen. "Aber Beeilung, gleich ist Mittagspause!"

Brotfruchtbaum

Brofruchtbaum direkt hinter dem Hafenmeisterbüro

Schließlich muss ich noch im Eingang nebenan bei der Port Authority das Hafengeld entrichten, wenn ich mich recht erinnere, irgendwas um die 50 Dollar. Dann noch einmal beim strengen Goliath die Quittung vorzeigen und - endlich - raus und fertig. Puh! Fast drei Stunden haben wir mit diesem Behördenkram verdaddelt. Schnelle Abfertigung geht anders. Ob das in English Harbour wohl auch so lange gedauert hätte?

Aufatmend machen wir uns auf den Fußweg Richtung Ship Shop. Ein kurzer Blick zurück offenbart: Goliath schließt gerade die Office-Tür ab und geht in die Mittagspause.

Am Shop angekommen machen die dort Beschäftigten keinerlei Anstalten, uns nach unserem Begehr zu fragen. Die Antigua-Flaggen in Gastlandflaggengröße hängen an einem Regalhaken so hoch, dass ich nicht drankomme, Merle mit ihrer zierlichen Gestalt erst recht nicht. Ich wage, einen Beschäftigten, der an einem Schreibtisch wichtig in seinen Computer starrt, nach einer Leiter oder Leiterersatz zu fragen. Unwirsch wegen der Belästigung durch mich als Kunden weist er mit dem Finger auf eine Trittleiter. Jolly Harbour scheint etwas gegen Yachties zu haben. Als ich an der Kasse den Preis erfahre: "20 Dollars, please!", bekomme ich Schnappatmung. Normalerweise bewegt sich der Preis für Gastlandflaggen zwischen fünf und acht Doller/Euro. Hier handelt es sich wohl eher um eine Strafzahlung für Leute, die versäumt haben, sich rechtzeitig die Antigua-Flagge zu besorgen. Ein kurzer Blick auf andere Kleinflaggen bestätigt tatsächlich: Irgendwas zwischen 5 und 10 Dollar. Langsam reicht's mir...

Ferienhäuser mit Bootsanleger

Ferienhäuser mit Bootsanleger an Seitenkanal

Ruhig, Brauner! Der Supermarkt liegt ein paar hundert Meter weiter an einer Straßenkreuzung. Gegenüber steht ein hochherrschaftlicher, klassizistischer Bau. Etwas heruntergekommen, Türen verrammelt, Laub vor dem Eingang. Einigen inoffiziellen Schrifttafeln nach ist es eine Art Ausstellungsort für einheimische Künstler. Wir zucken mit den Schultern und entern den Supermarkt.

Die Auswahl der Waren ist üppig, die an Obst und Gemüse aber überschaubar und die Preise zwar nicht astronomisch, aber doch ambitioniert. Vermutlich muss auch hier eigentlich alles importiert werden und ist somit teuer. Wir nehmen nur das Nötigste mit. Schließlich wollen wir noch zu Fuß weiter auf Erkundungstour gehen und dabei nicht so schwere Einkäufe schleppen müssen.

Blick über die Halbinsel

Blick über die Halbinsel zwischen Hafen und offener See. Der Sandstrand der Bucht lässt kaum Wünsche offen.

Wir wandern weiter Richtung Halbinsel zwischen Hafen und Strandbucht. Die bedrohlichen Wolken werden immer dunkler. Plötzlich beginnt es zu regnen, nein, zu schütten. Unser Versuch, unter einem Baum Schutz zu suchen, misslingt. Der Schutz ist keiner, auch dort werden wir patschnass. Immerhin haben die wenigen vorbeifahrenden Autos ein Einsehen und verlangsamen ihre Fahrt durch die große Pfütze, damit sie uns nicht noch seitlich nassspritzen.

Nach wenigen Minuten ist der feuchte Spuk vorbei. Wir kommen an einen Schlagbaum mit Wachhäuschen. Die dem Wachtposten bekannten Autofahrer werden durchgewunken, andere befragt. Für Fußgänger scheint es aber keine Zugangsbeschränkung zu geben, wir können unbehelligt durchschlüpfen.

Es handelt sich offenbar um eine Art Ferienhaus-Resort, das gegen unbefugte Besucher abgeschottet ist, so wie es in Florida oder Ländern mit großer Schere zwischen Arm und Reich gängige Praxis ist. Aber allzu ernst scheint man es hier nicht zu nehmen. Es gibt keinen Stacheldrahtzaun oder weitere Absperrungen. 

Strand in der Bucht von Jolly Harbour

Strand in der Bucht von Jolly Harbour

Die erste Station ist für Merle ein Muss: der Strand. Der ist in der Tat wunderschön. Dort, wo wir zuerst ankommen, gibt es eine Bar, die aber einen wenig belebten Eindruck macht. Ein paar Locals hängen dort rum, man erkennt nicht, ob sie dort irgendwas zu arbeiten haben oder einfach nur chillen. Wir schlendern barfuß den ganzen Strand entlang und bestaunen die wunderschönen Bungalows direkt dahinter. Die Konsistenz des Sandes lässt mich vermuten, dass er künstlich aufgeschüttet worden ist. Wenige Badegäste haben sich in der ersten Reihe am Wasser niedergelassen, eine zweite Reihe gibt es nicht. Dahinter wäre Platz für mehrere Beach-Volleyball-Felder. Gibt es hier aber nicht. An der nördlichen Adria wäre so ein Strand mit Sonnenschirmen, Liegen, Sportangeboten, Bars und fliegenden Händlern vollgestopft. Hier genießt man die Weite und den super Sand. Ein paar hundert Meter weiter hat sich eine Truppe weißer junger Männer einquartiert. In der Mittagssonne tummeln sie sich im hüfttiefen Wasser, stemmen ihre Bierflaschen und schütten sich aus vor Lachen über ihre lauthals vorgetragenen Gags - eine typische Männertour eben.

Nummernschild

Jedes Nummernschild trägt die stolze Unterzeile: "Land of Sea and Sun"

Am Ende des Strandes erklimmen wir den Hügel oberhalb unseres Ankerplatzes. Auch hier stehen schmucke Villen mit hinreißendem Ausblick. Nach einer Runde auf der Ringstraße geht es wieder abwärts, diesmal nicht am Strand entlang, sondern auf der Straße zwischen den schmucken Häusern. Einzelne Baulücken stehen zum Verkauf. Den Quadratmeterpreis will ich besser gar nicht wissen.

Schließlich passieren wir wieder den Schlagbaum. Am Tennisplatz vorbei führt der Fußweg auf der anderen Seite des klassizistischen Gebäudes vorbei. Hier wird klar: Es war einmal eins der besseren Hotels oder vermutlich das beste Hotel am Platz. Diese Zeiten sind allerdings längst vorbei. Tatsächlich wurde die Fast-Ruine zu Galerie und Atelier einheimischer Künstler umgewidmet.

Regenbogen

Regenbogen über dem Hafen

Entlang der Stege des Yachtclubs geht es langsam zurück. Uns knurrt der Magen. Angesichts unserer spärlichen Einkäufe ziehen wir die Speisekarten der Restaurants um den Yachtclub zurate. Ein indisches hat für uns akzeptable Preise, wir nehmen draußen Platz und werden zeitnah bedient, schließlich sind wir jetzt am Nachmittag die einzigen Gäste. Die Bar des Yachtclubs nebenan ist allerdings gut besucht.

Gerade, als wir unsere Tellergerichte vor der Nase haben, beginnt es wieder zu regnen. In Anbetracht der "Dusche" auf dem Hinweg verlagern wir uns lieber nach drinnen. Essen und Preis-Leistungs-Verhältnis sind okay bis gut, die Portion könnte für mich etwas größer sein, aber ich will nicht meckern. 

Am Dinghi Dock angekommen, schippern wir mit unserem Elektromotor das Hafenbecken entlang und sind froh, dass wir zwar einen stattlichen Regenbogen zu sehen bekommen, aber trocken bleiben dürfen. Im Hafen liegt an einer Boje eine kleinere Island Packet, draußen in der Bucht in Sichtweite eine weitere mit US-Flagge am Heck. Als wir an Bord zurück sind, kommt ein Schlauchboot von dieser Yacht auf uns zu. Hayden begrüsst uns, fragt interessiert nach unserem woher und will viel über den Kauf unserer Island Packet Yacht wissen. Er informiert uns über die "Island Packet Yacht Owner's Association", eine Interessengemeinschaft der Eigner dieser Yachten mit zugehörigem Internetportal und Forum. Davon hatte ich schon von den Voreignern unserer Joli Ame gehört, mich aber noch nicht dort registriert. Hayden ist der Administrator der Website.

Nach dem langen Fußmarsch sind wir rechtschaffen alle, vergammeln den Abend und verholen uns früh in die Koje. 

Freitag, 21. Januar 2022

Nachdem wir gestern Jolly Harbour erkundet haben, wollen wir auch den Hauptort English Harbour und Falmouth Harbour sehen. Aus der Bucht und danach das Stück bis zur Südwestecke der Insel geht es mit zuerst achterlichem, dann halbem Wind unter Segeln ganz manierlich zu. Als wir dann aber entlang der Südküste mit Kurs Ost den Wind genau auf die Nase haben, muss die Maschine ran. Gegen den Passatwind und die in der Lücke zwischen den Inseln vorherrschende Strömung dauert das. Am frühen Nachmittag fällt der Anker dicht unter Land vor einer Strandbar mit Badegästen. Die Bucht von Falmouth Harbour ist erwartungsgemäß voll mit Ankerliegern. Deshalb haben wir uns mit unserem geringen Tiefgang zwischen den Strand und andere Ankerlieger gequetscht. Allzu viel Kette kann ich nicht stecken, denn sonst liegen wir wohl genau über den Ankern der Boote in Lee von uns. 

Ankerfeld Falmouth Harbour

Blick von unserem Ankerplatz auf Ankerbucht und Hafen von Falmouth Harbour

Weil wir in Jolly Harbour nur das Nötigste aus dem Supermarkt mitgenommen haben, starten wir heute Nachmittag bereits zum nächsten Einkauf. Das Dinghi wird gewassert, der E-Motor dranmontiert. 

Als wir den Hafen erreichen, bestätigt sich, was wir aus der Ferne bereits erahnt hatten. Die Mole ist pickepackevoll mit den unglaublichsten Megayachten, eine protziger als die andere. 

Superyachten in Falmouth Harbour

Superyachten in Falmouth Harbour

Weil anders nicht genug Platz für alle wäre, liegen die Luxuspaläste nicht längsseits, sondern "römisch-katholisch" wie im Mittelmeer üblich. Das bedeutet: Vorn am Bug liegt der Anker oder besser auch zwei im Hafenbecken, während das Heck an der Kaimauer vertäut ist - quasi rückwärts eingeparkt. Bezahlte Crews versorgen, reparieren und putzen auf Hochglanz für die nächsten Gäste. Ich wage nicht zu schätzen, wieviele Millionen, vielleicht sogar Milliarden Dollar hier im Hafen versammelt sind.

Der Fußweg zum Supermarkt ist nicht allzu weit, das Preisniveau hält sich für hiesige Verhältnisse noch gerade in Grenzen. Immerhin gibt es auch einheimische Kunden und nicht nur Yachties - ein gutes Zeichen. Wir füllen Rucksack und Taschen.

Strandbar vor Ankerplatz

Strandbar gegenüber unseres Ankerplatzes

Als wir gut beladen zu Joli Ame zurückkehren, stutze ich: Waren wir vorhin nicht dichter unter Land? Als wir mit dem Dinghi am Heck anlegen, ruft uns das Ehepaar von der amerikanischen Yacht in Lee zu, dass wohl unser Anker ein paar Meter gerutscht sei. Sie machen sich Sorgen, dass wir noch dichter auf sie zu rutschen. Außerdem wollen sie morgen sehr früh aufbrechen, und da wir nun ganz bestimmt über ihrem Anker liegen, wollen sie uns morgen nicht extra wecken müssen. Kein Problem, Maschine an, Anker auf. Ich drehe eine Runde und lasse den Schlammhaken etwa 20 Meter weiter so fallen, dass die Amerikaner unbesorgt sein können und andere Boote ebenfalls nicht gefährdet oder beinträchtigt werden. Ein Local, der mit seinem Motorboot Badegäste zum Strand gebracht hat und neben uns auf seine Passagiere wartet, zeigt "Daumen hoch", also Lob vom Profi für das lässig absolvierte Umparken.

Badestrand neben Ankerplatz

Badestrand neben unserem Ankerplatz, rechts im Hintergrund die Strandbar direkt vor Joli Ame.

Merle hat ein Restaurant im Internet ausfindig gemacht, das alle Gerichte mit Zutaten aus Bio-Anbau zubereitet, gleich gegenüber des Dinghi Docks. Auf dem Hinweg zum Supermarkt hatten wir es bereits in Augenschein genommen. Wie alle Bars und Restaurants entlang der Hauptstraße besteht es aus einer Bretterhütte mit Veranda davor. Die allzu solide Bauweise aus Stein wäre teuer. Außerdem drohen alljährlich im Spätsommer Hurricanes. Die machen zwar wahrscheinlich diese Hütten platt, aber nach wenigen Tagen Arbeit stehen sie wieder, zügig zusammengezimmert aus preiswertem Material, wenn nicht sogar aus dem, was der Sturm übrig gelassen hat.

Wir nehmen auf der Veranda Platz. Die Preise auf der liebevoll alternativ gestalteten Speisekarte sind nicht ohne. Wir entscheiden uns für günstige Gerichte. Es gibt freies WLAN vom Chicken Grill auf dem Nachbargrundstück. Das brauchen wir auch, denn bei der langen Wartezeit auf unser Essen wird uns bald langweilig. Am Nebentisch hat sich zur Friday Night eine Locals-Familie mit drei Generationen eingefunden. Die Kinder/Enkel im Grundschulalter sind ausgesprochen süß und tollen herum, der Opa geschätzt etwa in meinem Alter oder auch jünger, schwer zu sagen.

noch mehr Superyachten

Noch mehr Superyachten

Uns wird bei der Internetrecherche klar, wie es zu dem ansehnlichen Stelldichein der Maxiyachten im Hafen kommt.
"Antigua und Barbuda: In dem [...] in der östlichen Karibik gelegenen Inselstaat können ausländische Unternehmer eine Befreiung von der Steuer für bis zu 15 Jahre aushandeln ("tax holiday"). Eine Einkommensteuer für Privatleute gibt es nicht, allerdings müssen Ausländer für einen Wohnsitz 20 000 Dollar Gebühren im Jahr zahlen", verrät ein "Überblick Karibik: Die Steuerparadiese" auf den Internetseiten der deutschen Zeitschrift "Handelsblatt". Aha, daher weht der Wind. Wer hat, der hat, und möchte behalten.

Ferienwohnungen in der Bucht

Ferienwohnungen im hinteren Teil der Bucht von English Harbour

Samstag, 22. Januar 2022

Heute wollen wir per Wanderung die nähere Umgebung erkunden. Wir machen uns auf den Weg nach Shirley Heights. Zitat Tripadvisor, mit fünf Sternen ausgezeichnet: "Dieser Aussichtspunkt befindet sich an der Südküste der Insel und über dem English Harbour. Das alte Fort, nur noch in Resten erhalten, vermittelt einen guten Eindruck und einen fantastischen Überblick über die Küste inkl. dem English Harbour. Toiletten und ein kleiner Souvenirshop sind vorhanden. Ein Muss für Antigua, aber leider etwas überlaufen, wenn Kreuzfahrtschiffe da sind." Sind keine da, also ein guter Tag für Individualtouristen wie uns.

Auf der obligatorischen Schlauchboottour zum Dinghi Dock entdecken wir "Civetta" in der Bucht. Leider ist niemand an Bord.

Ausblick von Shirley Heights

Der Ausblick von der Terrasse ist tatsächlich atemberaubend schön. Wir können uns kaum sattsehen. Im Vordergrund die Bucht von English Harbour mit seiner rundum geschützten Bucht. Hinter der Landzunge der Halbinsel in der Mitte liegt Falmouth Harbour als Bucht, die nach Süden zwar etwas offener, aber immer noch gut gegen Schwell geschützt ist. Hier einen Wachtposten zu errichten, liegt auf der Hand.

English Harbour

English Harbour im Detail. Dort, wo im Vordergrund die Maxiyachten vertäut sind, liegt das alte Fort mit seinen historischen Hafenanlagen. Daneben und in diesem Bild nicht zu sehen gibt es eine Durchfahrt in den hinteren Teil der Bucht. Der ist perfekt geschützt.

Als wir den Ausblick lange und intensiv genießen, gesellt sich ein Paar mit einheimischem Touristen-Guide oder auch nur Taxifahrer neben uns. Der Guide erzählt: In der Einfahrt von English Harbour gibt es links und rechts je eine Landzunge. Dazwischen hatten die Briten eine solide Kette auf den Grund gelegt. Wurde der Hafen von einer fremden Flotte angegriffen, konnten sie die Kette so spannen, dass die fremden Segelschiffe sich dort verhakten. Damit hingen die feindlichen Schiffe fest und konnten mit den auf den Hängen postierten Kanonen genüsslich beschossen werden.

Sollten feindliche Soldaten dennoch die Barriere überwunden haben und nach English Harbour eindringen, konnten die Verteidiger auf die andere Seite der Halbinsel nach Falmouth Harbour fliehen. Sollten die Angreifer in Falmouth Harbour einfallen, stand der Fluchtweg über English Harbour offen. Ein Zwickmühlenspiel der positiven Sorte und ausgesprochen schlau ausgetüftelt.

Merle in Shirley Heights

Merle in Shirley Heights

Shirley Heights ist nicht etwa nach einer Dame benannt, sondern nach dem britischen Gouverneur Sir Thomas Shirley, der diese Befestigungsanlagen erbauen ließ. Eigentlich obligatorisch ist der Besuch am Sonntagnachmittag, wenn hier allwöchentlich eine Party stattfindet. Dann genießt man die Abendsonne und danach den Ausblick bei Dunkelheit.

Auf dem Rückweg nehmen wir die breite Straße bergab. Inzwischen ist es nicht mehr ganz so heiß, aber trotzdem kommen wir ins Schwitzen. Entlang der Straße gibt es noch ein paar weitere Ruinen. Die ganze Hügelkrone war mit Mauern und Wachtürmen umgeben. An einer exponierten Stelle baut gerade ein Partyservice Tische und Pavillons auf. Schließlich ist heute Samstag und abends Party Time.

Nach den vielen Kilometern zu Fuß kommen wir einigermaßen schlapp nach Falmouth Harbour zurück. Wir brauchen erst einmal Dampf auf die Maschine. Merles Recherche ergibt ein von zwei älteren Frauen betriebenes Mini-Lokal mit selbstgemachten Teigtaschen und Smoothies. Wir sind gespannt. In der obligatorischen Bretterhütte knetet die eine gerade Teig, die andere chillt hinter der Kasse, ein älterer Herr unterhält sich mit ihnen. Wir bestellen die vegetarische Version. Die Damen empfehlen uns ihre selbstgemachten Obstdrinks. Wir nehmen einen mit Mango und einen mit Ingwer. Beide kommen abgefüllt in ausgewaschenen Wasserflaschen im Halbliterformat. Der mit Ingwer in mittelgrün sieht irgendwie nach einem giftigen Zaubertrank aus. Wir probieren vorsichtig: Oh, gut! Merle bevorzugt aber den Mango-Drink.

Die beiden Weltenbummler

Selfie mit Ausblick

Auf dem Rückweg mit dem Dinghi zu Joli Ame versuchen wir noch einmal unser Glück bei Civetta. Tatsächlich ist jemand an Bord. Wir sprechen die Gegeneinladung für heute Abend aus. Auf meine Nachfrage bekennen sich Vater und Sohn Sagemüller zu Bier als Getränkewunsch. Weil wir aber außer Wasser, Tee, Kaffee, einer Flasche Sparrow's Rum von Union Island und eine Flasche weißen Rum aus Martinique an Bord haben, breche ich gleich noch einmal zum Supermarkt auf, um einen Karton Bier zu holen. Den Karton vor dem Bauch, kehre ich zum Schlauchboot zurück. Was ist das denn? Shirt und vor allem die cremefarbene Shorts haben rote Flecken. Zu blöd, die rote Farbe vom Bierkarton färbt ab! Die Zukunft wird zeigen: Selbst nach mehreren Wäschen gehen die Farbflecken aus der Hose nicht raus.

Werbeschild Autovermietung

Originelles Werbeschild einer Autovermietung am Hafen: "Ich hab's satt, auf meinem Hintern zu sitzen. Miet' mich! Es ist besser, reich zu leben statt reich zu sterben." Zusatzschild darunter: "S'ist langweilig, den ganzen Tag hier rumzuhängen. Bitte miete mich!"

Vor unserem Aufbruch zur Wanderung habe ich versäumt, den Ladestecker unseres Litium-Ionen-Speichers von der Bordbatterie zu trennen. Folge: Der Bordstrom ist fast leergesaugt. Außerdem will ich ja für unsere Gäste kochen. Der Dieselgenerator muss also ran. Wenn der seine 6 kW abgibt, kann ich gleichzeitig mit beiden Induktionsfeldern kochen, die AGM-Bordbatterien und die Litium-Ionen-Kiste aufladen. Sogar für den Wasserkocher ist dann noch Saft übrig.

Es gibt Reis und Süßkartoffel-Karottengemüse in Kokossauce. Als die Civetta-Besatzung eintrifft, ist das Essen noch nicht ganz fertig. Christopher interessiert sich für das Rezept und fragt mich, ob wir generell Vegetarier sind. Nö, wir sind Flexitarier: Wenn's ein einigermaßen gesundes Stück Fleisch gibt, nehmen wir das gern. Aber unsere Kühlung ist wegen des chronischen Strommangels nicht kontinuierlich an. Dann Fleisch zu lagern ist fatal. Und was hier in der Karibik an Schweinefleisch und Chicken auf den Grills liegt, sieht meist nicht wirklich appetitlich aus. Die Herkunft des Fleisches und dessen Lagerung ist vermutlich auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Also verzichten wir leichten Herzens darauf.

Den Sagemüllers schmeckt's, Christopher lobt das Gericht und nimmt gern nach. Nach gerade mal zwei bis drei Bierflaschen (0,25 l) pro Nase findet der Abend bald ein Ende, denn der Civetta-Crew steckt eine Nachtfahrt noch in den Knochen. Somit habe ich für die nächsten Wochen unverhofft einen Vorrat in Form der weiteren Flaschen in dem Karton. Pro Tag eine als Ankerbier, das wird wochenlang reichen. Denn unterwegs gilt bei mir: Null Promille für den Schiffsführer!

Ausgang der Bucht Falmouth Harbour

Öffnung der Bucht von Falmouth Harbour zum Karibischen Meer. Ganz schwach im Hintergrund an der linken Seite der Einfahrt erkennt man beim Heranzoomen gerade noch die Berge im Norden von Guadeloupe

Sonntag, 23. Januar 2022

Am nächsten Morgen möchte Merle noch ein paar Fotos vom Badestrand unter Palmen und Bäumen machen, während ich mich zwecks Ausklarierens auf die Suche nach den entsprechenden Behörden mache. Unsere nächste Station ist mal wieder französisch, deshalb brauchen wir uns glücklicherweise nicht um einen Coronatest bemühen.

Die Behördenbüros befinden sich irgendwo in Nelson's Dockyard. Das ist das ehemalige Garnisons- und Hafengelände in English Harbour. Vom Aussichtspunkt Shirley Heights haben wir die Gebäude schon gesehen, konnten aber aus der Entfernung nichts erkennen.

In der Nacht ziehen dann die Lichter von Saint Kitts an Backbord an uns vorbei. Oder wir ziehen an den Lichtern vorbei - eine Frage des Systems, in dem sich der Betrachter befindet. Später kommt Saint Barthelemy an Steuerbord in Sicht. Diese Nachtfahrt ist ruhig und angenehm, die Maschine bleibt ausgeschaltet. Allerdings ist es ein wenig kühl.

Antigua nach St. Martin

Unsere Route von Antigua nach St. Martin

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